Bahnbrechendes Urteil des Handelsgerichts Wien
Unternehmen haftet für Anmietung und Betrieb eines Postfachs
im Zusammenhang mit Gewinnzusagen
Das Handelsgericht Wien hat einem Wiener Kläger aus einer Gewinnzusage € 30.250,– samt Zinsen und € 4.400,– an Kosten zugesprochen. Neu an dieser Angelegenheit ist, dass der § 5j KSchG nunmehr § 5c KSchG heißt. Das Gewinnzusagenunternehmen argumentierte damit, dass der Verbraucher zum Unternehmer mutiert wäre, nur weil er mehrere Gewinnzusagen gegen verschiedene Unternehmen einklagt. Hiefür hatte das Gericht kein Verständnis.
In der Gewinnzusage wurde der Kläger aufgefordert, eine bescheidene Beteiligung von € 40,– zu überweisen und einen Prioritätszuschlag von € 5,–. Weiters sollte der Kläger für die Übermittlung eines Schecks in der Höhe von € 1.500,– weitere € 40,– bezahlen. Diese Aufforderungen scheinen im Hinblick auf die kürzlich erfolgte Verurteilung eines bekannten Gewinnzusagenunternehmers rechtlich äußerst bedenklich.
Das beklagte Unternehmen ist in den Niederlanden ansässig und heißt „DMI Service Niederland BV“. Aus der Sicht des Gerichtes lässt die Formulierung, „dass der genannte Gewinner mit absoluter Sicherheit seinen Bankscheck in der Höhe von € 28.700,– per Einschreiben mit Rückschein an seine Adresse erhält, sobald er den Gewinn anfordert“, keinen Zweifel am Bindungswillen und an der Verbindlichkeit der Gewinnzusage gem § 5c KSchG. Bahnbrechend ist die zutreffende Rechtsauffassung des Gerichts, dass das Unternehmen hafte, wenn es im Zusammenhang mit Gewinnzusagen ein Postfach einrichtet und betreibt (Urteil S 9 Mitte).
Es kommt nicht darauf an, wer physisch die klagsgegenständliche Gewinnzusage an den Verbraucher gesandt hat, sondern relevant ist ausschließlich, wer derjenige ist, der sich aus der erhaltenen Gewinnzusage als zusagende Person ergibt. Im hier vorliegenden Fall ist die beklagte Partei unter dem Namen „Baroness de Rothman“ aufgetreten. Die beklagte Partei behauptete, dass sie das Postfach an ein Unternehmen in Kiew weitervermietet habe. Auch das vermag das Gericht nicht zu überzeugen, da es von einer Mittäterschaft nach schadenersatzrechtlichen Normen und von einer Haftung gem § 18 UWG ausgeht (Urteil S 9 unten). Abschließend moniert das Gericht noch, dass das angegebene Unternehmen in Kiew den Firmennamen des Gewinnzusagenunternehmens nur in anderer Reihenfolge trägt.
Das Urteil ist uneingeschränkt zu begrüßen, da die ohnehin schon strenge Judikatur zu Gewinnzusagen neuerlich verschärft wurde. Genauso wie ein Busunternehmer haftet, der mit Gewinnzusagen operiert, haftet nun jedes Unternehmen, welches im Zusammenhang mit Gewinnzusagen Postfächer anmietet und betreibt. Die Judikatur ist im Sinne der Intention des Gesetzgebers auch konsequent, da jede Beteiligung an der unredlichen Praxis von Gewinnzusagen zu einer Haftung der beteiligten Unternehmen führt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; offen bleibt, ob das beklagte Unternehmen das Rechtsmittel der Berufung ergreift.
Urteil des HG Wien, 18 Cg 60/14h <--
Mutige Verbraucher wehren sich gegen Gewinnzusagenunternehmen
und erhalten € 5.000,-- an Kapital zuzüglich Kosten
Ab und zu macht sich Mut auch bezahlt. Zwei Verbraucher ließen sich eine Gewinnzusage der Diamant Haushaltswaren GmbH nicht gefallen und klagten auf eigene Kosten. In der Gewinnzusage waren Formulierungen enthalten wie zB „Unglaublich, aber wahr! Sie können endlich den bisher versprochenen Bargeldgewinn erhalten.“
Das Unternehmen distanzierte sich ausdrücklich von Veranstaltern, die nie die Absicht gehabt haben, den Gewinn an Personen auch auszubezahlen. Es wurde sogar die Hilfe angeboten, älteren Gewinnern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dies nahmen die beiden Verbraucher beim Wort.
Die Klage wurde eingebracht, und die herannahende mündliche Gerichtsverhandlung veranlasste das Unternehmen, beiden Verbrauchern je € 2.500,-- an Kapital zuzüglich Kosten auszubezahlen. Beide Verbraucher haben keine Rechtsschutzversicherung und gingen das Risiko nach ausführlicher Belehrung auf eigene Kosten ein. Es handelt sich sohin um ein außergewöhnliches Beispiel von zwei mutigen Verbrauchern, die sich die Unsitte der Versendung von Gewinnzusagen nicht mehr gefallen lassen und mittels erfolgreicher Klagen diesem Unternehmen Einhalt gebieten.<--
Entscheidungsbesprechung
betreffend das Urteil des Bezirksgerichts Korneuburg,
GZ 4 C 4 C 1485/10a vom 7.12.2011
Klage des Masseverwalters des Montessori Schulvereins
wird vom Bezirksgericht Korneuburg kostenpflichtig abgewiesen
Nun liegt bereits das Urteil vor betreffend des Montessori Schulvereins und die zahlreichen Missstände im Schulbetrieb, die zum Entzug des Öffentlichkeitsrechts und zum Konkurs geführt haben. Vom Gericht wird festgestellt, dass die Schule wahrheitswidrig als Montessori-Gymnasium angepriesen wurde. Weiters haben nicht angezeigte Personen unterrichtet und wurden Schüler wissensmäßig etwa zwei Jahre hinter jenen in Regelschulen unterrichtet. Besonders originell ist die Feststellung, dass im ersten Schuljahr für die Eltern ein von der Schulleitung ausgesprochenes Verbot bestanden hat, sich bei der Schülerin oder den Lehrern über den Schulerfolg zu erkundigen (Urteil S 5 unten). Die Eltern wurden in weiterer Folge systematisch über den Lernerfolg der Tochter von der Direktorin falsch informiert. Das Gericht bejaht die Kündigung des Schulvertrags aus wichtigem Grund.
Das Gericht betont die Glaubwürdigkeit der Aussage der Eltern und der einvernommenen Zeugen, insbesondere des Stadtschulrates. Neuerlich wurde festgestellt, dass die Direktorin versucht ist, die Schuld an den schulischen Problemen auf die Schülerin abzuwälzen. Das Gericht geht von unzureichendem Lernmaterial und unzureichender Schulorganisation aus. Das Urteil kritisiert, dass die Direktorin nicht den geringsten Fehler des Schulsystems eingestand, obwohl diese mehr oder weniger offenkundig gewesen sind. Das Urteil hält fest, dass die Direktorin sogar noch in der Verhandlung ausführte, dass es grundsätzlich kein Problem sei, wenn die Schülerin nach 23 Monaten eine einzige, nämlich die 6. Schulstufe noch nicht abgeschlossen hätte. Das Gericht geht davon aus, dass es den Eltern unzumutbar gewesen ist, ihr Kind in einer derartigen Schule unterrichten zu lassen. Das Gericht bejaht sogar einen von der Schulleitung verursachten Irrtum über das Fortbestehen des Öffentlichkeitsrechts.
Abschließend geht sohin das Gericht davon aus, dass nach der Kündigung der Eltern der Schule kein Schulgeld mehr zusteht. Das Urteil ist zu begrüßen. Es ist unerträglich, dass in Anbetracht der zahlreichen gravierenden Mängel zahlreiche Eltern sich mit Klagen betreffend des angeblich offenen Schulgelds herumschlagen müssen.
Die Beneder Rechtsanwalts GmbH wird auch weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun, um derartige unberechtigte Klagen abzuwehren.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. <--
Für Sie gelesen
Sie werden zu Recht sagen, ABGB-Kommentare gibt es viele. Warum soll ich nun einen weiteren, 4300 Seiten starken ABGB-Kommentar kaufen?
Wenn man das Buch aufschlägt, fällt auf, dass die Seiten hauchdünn sind. Die Seiten sind so dünn, dass man sogar die Rückseite des jeweiligen Blatts mitlesen kann. Dies ist zwar einerseits beim Lesen unangenehm, andererseits jedoch führt dies dazu, dass eine gigantische Menge an Information in einem einbändigen Buch komprimiert ist. Das völlig Neuartige an diesem Buch ist, dass über den Zugang über die RDB und den dazugehörigen Zugang zum ABGB-Kommentar Online jedes Zitat, jeder Aufsatz und jede Entscheidung auf Knopfdruck abrufbar sind. Es gibt weiters viele interessante Suchoptionen, die eingeschränkt werden können auf den Normtext, die Literatur oder den Kommentartext. Dass man sich das mühsame Suchen und Ausheben von Entscheidungen und Artikeln sparen kann, ist die Innovation dieses Buchs. So kommt jeder auf seine Kosten: der Freund dar analogen Informationen und der digitalen Suchfunktionen.
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Kletecka/Schauer (Hrsg),
„ABGB-ON“, Manz Verlag Wien 2010,
4300 Seiten, € 478,-.
KONSUMENTIN MUSS VERJÄHRTE MODELSEMINARKOSTEN
AUCH WEGEN IRREFÜHRUNG NICHT BEZAHLEN
Das Bezirksgericht Fünfhaus hat in dem kürzlich zugestellten Urteil ein bahnbre-chendes Urteil gefällt:
Der Fotograf begehrte einen Betrag von € 1.065,32 von der Konsumentin für die Teilnahme an dem Modelseminar. Die Konsumentin brachte vor, dass sie in den Geschäftsräumlichkeiten des Fotografen überrumpelt worden sei und den Vertrag sofort mündlich storniert hätte. Weiters focht sie den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Das Handelsgericht Wien hat bereits in im Urteil 19 Cg 72/03i und der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 106/05z die Geschäfts- und Gewerbepraktiken des Fotografen als sittenwidrig und irreführend qualifiziert. Der Fotograf trat unter anderem unter dem Namen „Fame und Superlook International“ auf. Er inserierte auch immer wieder in Tageszeitungen, dass Models für Kundenaufträge gesucht werden, und stellte beträchtliche Gagen in Aussicht. Die Konsumentinnen wurden zur Unterzeichnung einer sogenannten Modelvereinbarung überredet. Die Konsumentin unterfertigte unter Druck den Vertrag, wofür der Fotograf € 690,00 in Rechnung stellte. Der Fotograf stützte sich auch auf seine Internetpräsenz unter den Adressen www.fame.at und www.superlook.at, die beide zwischenzeitlich offline gegangen sind. Erlernt werden sollte in einem zweistündigen Seminar das korrekte Posieren vor der Kamera im Zuge eines Fotoshootings. Weiters sollten eine Fotomappe erstellt und Setkarten produziert werden. Schließlich klagte der Fotograf Kapital, Zinsen und Kosten ein. Das Begehren wurde zur Gänze kostenpflichtig abgewiesen mit folgender Argumentation:
Das Gericht hält fest, dass sich die Konsumentin zu Recht auf die Einrede der Verjährung stützt. Der Vertrag wurde nämlich bereits am 12.5.2005 abgeschlossen. Festzuhalten ist sohin, dass der Fotograf im hier vorliegenden Fall sich 4 1/2 Jahre Zeit ließ, bis er die Klage einbrachte. Das Gericht hält weiters fest, dass die Forderung, auch wenn sie nicht verjährt wäre, nicht zu Recht besteht. Der Fotograf hat
es nämlich darauf abgesehen, der Konsumentin eine Karriere als Model zu suggerieren, zu deren Erlangung die Fotos unumgänglich wären. De facto wurden jedoch die wenigsten seiner Kundinnen und Kunden vermittelt. Dem Fotografen war daher klar, dass er falsche Hoffnungen erweckte, die zum Abschluss des klagsgegenständlichen Vertrages verleiten sollten. Der Fotograf veranlasste sohin einen Irrtum, der bei der Konsumentin einen Vertragsabschluss verursachte. Das Gericht bejaht sogar die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung.
Das Gericht hat sohin den Begehrlichkeiten eines Fotografen, der die Hoffnungen von jungen Konsumentinnen auf eine Modelkarriere auszunützen versucht, einen deutlichen Riegel vorgeschoben. Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein dahingehend, die Praktiken von findigen Unternehmen im Zusammenhang mit Modelseminaren und Fotomappen wirksam zu unterbinden.
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Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus, GZ 6 C 22/10h, vom 3.12.2010, nicht rk
Spanisches Gewinnzusagenunternehmen wird rechtskräftig
zur Zahlung von € 25.000,- samt Zinsen und Kosten verurteilt
Das Oberlandesgericht Wien hat neuerlich eindrucksvoll seine Abneigung gegen Gewinnzusagen aus dem Ausland ausgesprochen. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass sie € 25.000,-- in bar gewonnen habe und der Sekt schon kaltgestellt sei. Die Gerichte bejahten die Zuständigkeit des österreichischen Gerichts und gingen auch auf die neueste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Ilsinger ein. Soweit überblickbar, sprach das österreichische Gericht erstmals aus, dass die Gewinnzusage so abgefasst ist, dass sich europarechtlich aus der Gewinnzusage ein Vertrag ergibt. Das österreichische Gericht wäre sohin auch ohne Warenbestellung, die hier vorgelegen ist, zuständig gewesen.
Es bleibt sohin zu hoffen, dass dieses spanische Unternehmen seine Zusendungen an arglose österreichische Verbraucher nach dieser deutlichen Warnung einstellt. Ob die erhebliche Forderung im exekutiven Weg eingebracht werden kann, wird sich noch zeigen.
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rk Urteil des OLG Wien 1 R 204/10t vom 28.10.2010
GEWINNZUSAGEN EINKLAGEN ZAHLT SICH DOCH AUS
Konsumentin klagt erfolgreich Gewinnzusage ein.
In letzter Zeit kann man immer wieder lesen, dass man Gewinnzusagen im Mistkübel entsorgen sollte, da die Durchsetzung ohnehin nicht möglich sei. Dass dem nicht immer so ist, hat nun eine Pensionistin bewiesen.
Ein Gewinnzusagenunternehmen schickte einer Konsumentin eine Gewinnzusage über € 2.661,--. Dort ist festgehalten, dass die Konsumentin zweifelsfrei als Gewinnerin eines Bargeldbetrages in der Höhe von € 2.661,- vom Notar bestätigt wurde. Weiters wurde die Konsumentin zu einer Ausflugsfahrt eingeladen.
Nach entsprechenden Aufforderungsschreiben über einen Rechtsanwalt wurde ihr mitgeteilt, dass es sich beim Betrag von 2.661,- nicht um Euro, sondern um weißrussische Rubel handeln soll. Der Wert dieses Betrages in weißrussischen Rubel beträgt ca € 1,50. Da dieser geringe Gewinn jedoch nicht in bar ausgezahlt wird, wurde ein Sachpreis angeboten.
Die Konsumentin gab sich jedoch mit dieser Begründung nicht zufrieden. Immerhin handelt es sich bei der Versenderung der Gewinnzusage um eine österreichische GmbH und war an anderer Stelle der Unterlage von einem Reisepreis in Eurobeträgen die Rede. Über die in Gewinnzusagenangelegenheiten versierte Beneder Rechtsanwalts GmbH wurde sohin die Klage eingebracht. Das Gewinnzusagenunternehmen hat noch vor der ersten Verhandlung Kapital, Zinsen und Kosten bezahlt.
Es hat sich sohin herausgestellt, dass die gerichtliche Geltendmachung von Gewinnzusagenansprüchen nicht nur zu positiven Urteilen, sondern auch zur tatsächlichen Auszahlung des Gewinns führen kann. <--
Wien, am 17.1.2011
Bahnbrechendes Urteil betreffend Gewinnzusagenunternehmen:
BUSUNTERNEHMER HAFTET FÜR GEWINNZUSAGEN
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat mit dem kürzlich zugestellten Urteil ein bahnbrechendes Urteil gefällt: Erstmals wurde ein Busunternehmer zur Zahlung eines Gewinnzusagenbetrages samt Zinsen und Kosten verpflichtet. Die Geldübergabe sollte erfolgen in Verbindung mit einem Ausflug in den Nationalpark Neusiedlersee. Zehn Jahre lang sollte Monat für Monat an den Gewinner ein Betrag von € 1.000,00 ausbezahlt werden. Auf dem Programm stand ein Besuch im Shoppingcenter und eine Erlebnisfahrt beim Nationalpark Neusiedlersee. Die verständigte Gewinnerin wartete um 6 Uhr in der Früh am Rathausplatz zu ihrer Abholung zur angekündigten Gewinnübergabefeier. Bus kam freilich keiner. Auf der Gewinnzusage war kein anderer Absender als der Busunternehmer ersichtlich. Unter schwierigen Bedingungen konnte der Unternehmer, der hinter der Bezeichnung des Busunternehmens stand, ausgeforscht werden. Das Gericht stellte fest, dass der Erfolg der Werbefahrten an den Gewinnzusagen hing. Der Busunternehmer muss sich den Rechtsschein, die Gewinnzusage abgegeben zu haben, zurechnen lassen.
Der Verbraucherin wurden vorerst € 26.000, Zinsen, und nochmal mehr als € 6.000 Kosten zugesprochen. Das Urteil hat auch Auswirkungen betreffend die Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Gewinnzusagen bei Mitwirkung der Busunternehmen. Ein Busunternehmer, der bei einer Gewinnzusage mitwirkt, und auf der Gewinnzusage nur sein Name ersichtlich ist, muss damit rechnen, für die Gewinnzusage in die Haftung genommen zu werden. Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein dahingehend, die Praktiken von findigen Unternehmen im Zusammenhang mit Gewinnzusagen wirksam zu unterbinden. <--
Rechtskräftiges Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien,
18 Cg 220/08t vom 30.3.2010
OBERSTER GERICHTSHOF VERPFLICHTET
RECHTSSCHUTZVERSICHERER ZUR DECKUNG VON GEWINNZUSAGENPROZESSEN
Seit 5 Jahren verweigern die Rechtsschutzversicherer fast flächendeckend die Deckung von Gewinnzusagenprozessen.
Von dieser Vorgangsweise waren zahlreiche Verbraucher betroffen. Es kam daher zu zwei Musterprozessen, wo diese Frage einer Überprüfung des Obersten Gerichtshofes zugeführt werden sollte.
Der erste Versuch misslang bedauerlicherweise und mündete in die Entscheidung 7 Ob 242/05x, wo sich der Oberste Gerichtshof mit dieser Frage letztendlich aufgrund des Verfahrensverlaufes nicht mehr auseinandersetzen musste. In der vorherigen Entscheidung 7 Ob 47/02s wendete die beklagte Versicherung nur die mangelnde Erfolgsaussicht ein, wehrte sich jedoch noch nicht grundsätzlich ge-gen ihre Deckungspflicht.
Im nun vorliegenden Urteil 7 Ob 17/08p setzt sich der Oberste Gerichtshof auf 45 Seiten nahezu wie in einer Monographie mit der Rechtsnatur und den unterschiedlichsten Lehrmeinungen zur obgenannten Rechtsfrage auseinander.
Die Versicherungswirtschaft hat sich in der Ablehnung der Rechtsschutzbegehren, insbesondere auf das Gutachten von Fenyves gestützt. Die Konsumentenschützer haben jahrelang gegen dieses Gutachten angekämpft und sind nun erfreulicherweise im Rechtsstreit mit der Versicherungswirtschaft erfolgreich geblieben.
Der Oberste Gerichtshof zieht die Unklarheitenregel des § 915 ABGB zu Gunsten des Versicherungsnehmers heran und führt aus, dass es die Versicherung unterlassen hat, eine gebotene Klarstellung in den AGB´s zu der bereits seit 1.10.1999 in Kraft bestehenden Bestimmung des § 5j KSchG vorzunehmen.
Ein durchschnittlicher Verbraucher konnte darauf vertrauen, dass gemäß § 5j KSchG ein schuldrechtlicher Vertrag iSd Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorliegt.
Infolge dessen wurde die Deckung bejaht und können die betroffenen Konsu-menten nun endlich ihre Gewinnzusagenprozesse mit Deckung der Rechtsschutzversicherung führen.
Die Entscheidung ist ordnungspolitisch und konsumentenschutzrechtlich äußerst zu begrüßen, da es nicht angeht, dass mangels Deckung der Rechtsschutzversicherer Gewinnzusagenunternehmen im In- und Ausland in Österreich ihr Unwesen treiben können.
Es empfiehlt sich jedoch, ein Blick in die jeweiligen AGB´s, ob die betroffene Rechtsschutzversicherung nicht schon zwischenzeitig in ihren AGB´s reagiert und Gewinnzusagenprozesse ausdrücklich ausgeschlossen hat. In Anbetracht der Ver-fahrensdauer zur Abklärung der hier vorliegenden Frage hatte die Versicherungswirtschaft ausreichend Zeit, in ihren AGB´s in weiser Voraussicht auf das nun vorliegende Urteil sich vorzubereiten. <--
Urteil vom 2. Juli 2008, 7 Ob 17/08p, OGH
Haftung des Reiseveranstalters
für tödlichen Wasserrutschenunfall
In der Presse wurden am 21.8.2006 unter der Überschrift “Baden auf eigene Gefahr“ einige Entscheidungen dargelegt, wobei die Benützer von Wasserrutschen selbst für ihr Verhalten zur Gänze oder zum Großteil haften.
Dass so eine Sache aber auch ganz anders ausgehen kann, zeigt die brandneue Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes vom 18.7.2006.
Ein 11jähriges Kind benützte bei einer Pauschalreise eine Wasserrutsche der Hotelanlage in Griechenland und geriet mit einem Arm in ein Absaugrohr. Das Absaugrohr war nicht mit einem Schutzgitter abgedeckt. Die Wasserrutsche hatte keine Baugenehmigung. Das Kind ertrank hilflos.
Gemäß dem Urteil des Bundesgerichteshofes trägt der Reiseveranstalter dahingehend eine Haftung, dass er zu überwachen hat, ob seine Vertragshotels über ausreichende Sicherheitsstandards verfügen.
Es half dem Reiseveranstalter nicht einmal, dass die Wasserrutsche im Katalog nicht ausdrücklich erwähnt war.
Der deutsche Bundesgerichtshof führt streng aus, dass es Aufgabe des Reiseveranstalters gewesen wäre, sich davon zu überzeugen, dass die Wasserrutsche behördlich genehmigt ist.
Das Gericht sprach den Eltern und den Geschwistern jeweils € 20.000,00 an Schmerzengeld zu, da die seelischen Störungen ein pathologisches Ausmaß erreicht haben und sohin ein Gesundheitsschaden vorliegt.
Dass dieses Urteil nicht lebensfremd ist, kann der Autor auch aus eigenen Wahrnehmungen bestätigen.
Auch bei seinem Urlaub, einer Pauschalreise, geriet ein Kind mit dem Rücken bei einer großen mehrbahnigen Wasserrutsche in einen Sog beim Schutzgitter der Absaugstelle, woraus sich das Kind nur in letzter Sekunde befreien konnte.
Am Rücken des Kindes waren Minuten nach dem Vorfall sogar noch die Löcher des Absauggitters ersichtlich.
Umsichtigen Eltern ist daher zu empfehlen, sich im Urlaubsort einmal die Wasserrutsche genau anzusehen und ihre Kinder auf allfällige Gefahrenquellen hinzuweisen.
Urteile aus Deutschland sind zwar in Österreich nicht unmittelbar anwendbar, es ist jedoch durchaus wahrscheinlich, dass im Falle eines gleichgelagerten Falles ein österreichisches Gericht die Argumentation des deutschen Bundesgerichtshofes folgt.
Österreichische Reiseveranstalter sind daher gut beraten, wenn sie sich davon überzeugen, dass allenfalls gefährliche Einrichtungen einerseits behördlich genehmigt sind und andererseits keine offensichtlichen Gefahrenquellen aufweisen.
Bundesgerichtshof vom 18.7.2006, GZ X ZR 142/05 <--
Für Sie gelesen. Scheidung kompakt, Ein Trennungsratgeber für Frauen und Männer.
Von Deixler-Hübner/Xell-Skreiner LexisNexis Verlag, Wien 2006, 144 Seiten, € 24,00
Von der Form des Buches besticht zunächst das handliche A5 Format und die sympathische Dicke von lediglich 144 Seiten.
Das Buch passt sohin problemlos in jede Handtasche und nimmt nicht vielmehr Platz weg als ein kleines Hochglanzformat. Erfrischend ist, dass die Autorinnen sichtlich bemüht sind, eine umfassende Beratung für beide Geschlechter abzudecken, es handelt sich sohin schon vom Titel her nicht um einen Scheidungsratgeber nur für Frauen der im Linde-Verlag von der geschätzten Kollegin Klaar erschienen ist.
Inhaltlich werden die Ehe, die Ehe in der Krise, die Lebensgemeinschaft, Unterhalt, Besuchsrecht, uva. familienrechtlichen Themen leicht verständlich und gut lesbar erörtert.
Kollegin Xell-Skreiner hat das Buch mit zahlreichen Praxistipps aus anwaltlicher Sicht gespickt und liegen sogar einige Muster vor, beispielsweise für einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung.
Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Zusammenfassung, die die wichtigsten Punkte festhält. Erfrischend und unterhaltsam sind die Illustrationen von Fucik, wobei mir insbesondere die Zeichnung auf Seite 36 zum neutralen Mediationsteam (jeder der Parteien bekommt eine mit dem „Nudelwalker“ auf den Kopf) einen herzhaften Lacher entlockte. Man fühlt sich auch an so manche Vergleichsverhandlung erinnert.
Obwohl sich das Buch natürlich an den Bürger richtet, wird auch ein Profi die eine oder andere Neuigkeit finden und dient das Buch gut zur Auffrischung der Kenntnisse im Familienrecht.
Die einzige Kritik für dieses Buch gebührt den Fotographen betreffend der Fotos an der Rückseite des Buches, da die Autorinnen in Natura um einiges besser wirken.
Ich darf das Buch aber auch gestandenen Familienrechtlern ans Herz legen.
<--
2. Juni 2006
Für Sie gelesen. Das Kostenhandbuch, Kostenersatz im Zivilprozess und im Verfahren außer Streit.
Manzverlag 2005
Wie heißt es so schön. Rechtsgebiete gibt es viele, aber jeder Akt benötigt eine Kostennote.
Ich habe mich daher immer für Kostenrecht interessiert. Die bisher verfügbaren Bücher zu diesem Thema waren Der Kostenersatz im Zivilprozess von Bydlinski aus dem Jahr 1992, Der Kostenteil aus dem Buch von Feil/Wennig Anwaltsrecht 2004, 3. Auflage, und die Monographie von Thiele, Anwaltskosten aus dem Jahr 2000.
Mit dem Kostenhandbuch von Obermaier ist nun ein großer Wurf gelungen. Mit unglaublichem Aufwand wurden tausende, teilweise unveröffentlichte Entscheidungen gesammelt und aufbereitet.
Das Buch gliedert sich in einen Zivilprozesskostenteil und einen Kostenteil in Verfahren außer Streit.
Zunächst wird die Sach- und Rechtslage systematisch dargestellt in allen erdenklichen Problemen des Kostenrechtes und folgen dann die bezughabenden Entscheidungen. Das Buch ist eine wahre Fundgrube für nahezu jedes Kostenproblem. Zum leichteren Verständnis werden auch einige Beispiele angeführt zu komplexen Kostenproblemen. Der Autor stellt auch die verschiedenen Meinungen zu verschiedenen Rechtsproblemen dar, wobei bekanntlich die Landesgerichte die verschiedensten Auffassungen haben in Kostenfragen.
Das Buch kann jedem Richter, Rechtsanwalt und Rechtsanwender ans Herz gelegt werden zu einer verpflichtenden Lektüre, da sicher jeder etwas Neues finden wird. Haben Sie gewusst, dass es auch einen Kostenersatz des vollständig Unterliegenden nach Billigkeit gibt im Sozialrechtsverfahren gemäß § 77 Abs. 1 Z 3 lit. b ASGG? Beim Studium der Bestimmungen über die Kostenseperation wird sicherlich auch so mancher auf neue Ideen kommen. Bei dem Problem, ob Kosten für ein Privatgutachten im Kapital, als Nebenforderung oder als Kosten in der Honorarnote geltend gemacht werden, stellen sich rechtliche Probleme, wobei dieses Buch äußerst hilfreich bei der Lösung sein kann.
Einzig als Kritikpunkt bleibt die gelegentliche Unübersichtlichkeit des Buches, wobei dies allerdings in der Natur der Sache des Kostenersatzrechtes liegt.
Ich kann dieses Buch nur jedem Kollegen wärmstens ans Herz legen und freue mich darauf, die nächsten Jahre damit zu arbeiten.
7. Februar 2006 <--
Deutscher Bundesgerichtshof schützt deutsche Verbraucher bei grenzüberschreitenden Gewinnzusagen in Kenntnis der neuesten Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes
Der deutsche Bundesgerichtshof kommt bei einer grenzüberschreitenden Gewinnzusage gemäß § 661 ABGB, die nicht zu einer Warenbestellung geführt hat zu einer internationalen Gerichtszuständigkeit im Sinne des Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ. Der Ort an dem die Verpflichtung zu erfüllen ist ergibt sich nach dem nationalen Rechtsvorschriften.
Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass Artikel 34 des deutschen EGBGB zum zwingenden Recht des § 661 ABGB führt. Bemerkenswert sind die Ausführungen des BGH, dass betreffend der aus Österreich kommenden Gewinnzusage zwingend deutsches Recht anzuwenden ist. Die Gewinnzusage ist am Wohnsitz des Empfängers zu erfüllen.
Die deutsche Regel zum Leistungsort (§ 269, 270 BGB) stützen sich auf gesetzliche Sonderregelungen, Parteienvereinbarungen oder aus den Umständen. Subsidiär liegt der Leistungsort am Wohnsitz des Schuldners (sohin in Österreich). Aus Sinn und Zweck des § 661 ABGB ergibt sich, dass das Gewinnzusagenunternehmen den zugesagten Preis am Wohnsitz des Verbrauches zu leisten hat. Diese Zielsetzung würde durchkreuzt, wenn der Unternehmer nicht am Wohnsitz des Empfängers der Gewinnmitteilung, sondern an seinem Sitz zu leisten hätte. Dies hätte nämlich zur Folge, dass der Verbraucher sein Recht meist im Ausland durchzusetzen versuchen müsste wozu er selten in der Lage sein wird. § 661 ABGB muss daher über seinen Wortsinn hinaus als Regelung des Leistungsortes am Wohnsitz des Empfängers verstanden werden.
Die gesamten Bemühungen der Gewinnzusagenunternehmen über die mehrmalig Anrufung des EugH ein anderes Ergebnis zu erzielen (C-96/00 Gabriel; C-27/02 Engler; C-264/04 Kapferer) sind daher gescheitert. Weiters bleibt noch festzuhalten, dass auch in den Schlussanträgen des Generalanwaltes Antonio Tizzano im Verfahren Kapferer (C-234/04 - RZ 67) dieser davon ausgeht, dass die von Österreich gemachten Angaben zu einer Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes führen.
BGH vom 1.12.2005, GZ III, ZR 191/03
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VfGH verwirft sämtliche Bedenken
der Gewinnzusagenunternehmen betreffend der Verfassungsgemäßheit
des § 5j KSchG
Eine Gruppierung von Gewinnzusageunternehmen
trat mittels Individualantrag an den VfGH heran um den § 5j KSchG
auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen
zu lassen. Sie vermeinten, dass die zu prüfende Gesetzesstelle
eine Vielzahl von verfassungsmäßig gewährleisteten
Rechten verletzt und dadurch eine überschießende,
ruinöse Sanktion mit dem Charakter einer Strafe gesetzt
wird. Auf diese Weise wollten sie die Aufhebung der Gesetzesstelle
erreichen.
Obwohl der Antrag fälschlich als Beschwerde eingebracht
wurde, nahm sich der Verfassungsgerichtshof den vorgebrachten
Bedenken an und bezog in seiner Entscheidung G20/05 ausführlich
dazu Stellung:
Mit Hilfe des §5j KSchG wird vom Gesetzgeber verbindlich
gemacht, was dem Empfänger vom Veranstalter der Gewinnzusage
zugesagt wird. Es soll damit dem Erklärenden das Risiko
eines Missverständnisses aufgebürdet werden, was
dem Grundgedanken der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie
entspricht. Der Zusagende soll zur Leistung des Preises an
den Empfänger verhalten sein.
Das dahinter stehende Motiv
ist natürlich die Unterbindung
täuschender Praktiken. Die Verhaltung zu Leistung soll
dabei weder als Strafe, noch als schadenersatzrechtliche
Sanktion wirken. Unterschiedliche Umstände erfordern
eben unterschiedliche Regelungen. Bei an Verbraucher gerichtete
Gewinnzusagen ist es offenkundig, dass eine aus den unterschiedlichen
Fähigkeiten und Absichten der Beteiligten resultierende
notorische Missbrauchsmöglichkeit besondere Maßnahmen
rechtfertigt.
Die Ausgestaltung der Gewinnzusage
liegt schließlich
in der Hand des Unternehmers und steht es ihm dadurch frei,
klarzustellen, dass der Angesprochenen nur zum Kreis jener
Auserwählten gehört, denen die Möglichkeit
geboten wird, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Es kann
daher keineswegs unsachlich sein, den Unternehmer bei sonstiger
Verbindlichkeit der Zusage zu einer Klarstellung seiner Erklärung
und somit zur Vermeidung von Missverständnissen zu verpflichten.
Das Höchstgericht hält in seiner Entscheidung
fest, dass die Gestaltung der Gewinnzusage von der geprüften
Gesetzesbestimmung genau geregelt ist. Es muss lediglich
der Eindruck des Gewinnes beim Verbraucher hervorgerufen
werden. Erklärungen, die von vornhinein keinen Zweifel
offen lassen, dass der Gewinner erst ermittelt werden muss,
fallen nicht unter diese Regelung. Sie stellt auf durchschnittliches
Verständnis sowie die häufige Unfähigkeit,
verlockend formuliertes zu durchschauen ab und bietet damit
einen klaren Maßstab. Das es bei Grenzfällen Meinungsverschiedenheiten
gibt, ist nichts ungewöhnliches.
Der VfGH verwehrte sich
auch der Behauptung der Antragsteller, Gewinnzusagen entsprechen
allgemein anerkannten Werbegrundsätzen.
Der Gesetzgeber kann trotzdem nicht daran gehindert werden,
auch bei allgemein werbewirksam anerkannten Verhaltensweisen,
den Verbraucher vor einer mit dieser Irreführung verbunden
Verlockung zu schützen. Es entspricht eben dem öffentlichem
Interesse, einen Verbraucher vor einer vermeidbaren, den
Vorteil eines anderen dienenden, Täuschung zu bewahren.
Ferner ist es auch nicht
unsachlich, dass der Preis an jemanden zu leisten ist,
der die Absicht des Unternehmers nachgewiesen durchschaut
hat. Der Verbraucher soll sich nicht auch noch einer Nachprüfung seines subjektiven Verständnisses
aussetzen müssen, weshalb es weder ungewöhnlich
noch sachfremd ist, wenn das Gesetz bei Erklärungen
an einen größeren Personenkreis auf den objektiven
Erklärungswert abstellt.
Allgemein sind Ansprüche aus Wette oder Spiel (§1271
ABGB) zwar nicht einklagbar, doch sollen diese Bestimmungen
dort nicht gelten, wo sie zum Nachteil der Verbraucher ausgenutzt
werden. Der §5j KSchG soll eben genau dieses absichern.
Da der VfGH keine Bedenken
der Antragsteller teilen konnte, wies er ihren Antrag ab.
Das Höchstgericht hat mit der
Entscheidung den §5j KSchG in seiner verbrauchergerechten
Ausgestaltung bestätigt und somit den Verbrauchern einen
wichtigen Schutz vor Übervorteilung abgesichert. <--
Rezension VfGH Urteil G20/05
Neue Rechtsprechung zu Gewinnzusagen
1. Grenzüberschreitende
Gewinnzusagen als zweiseitiger Vertrag
Nahezu zeitgleich wurden nun zwei äußerst interessante
Entscheidungen zu Gewinnzusagen veröffentlicht.
Zunächst judizierte der EuGH, dass auch
bei einer Gewinnzusage, die nicht zwingend mit einer Warenbestellung
verknüpft
ist, die Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers
gegeben ist. Die Zuständigkeit basiert jedoch anders
als in der Entscheidung "Gabriel" nicht auf dem Verbrauchergerichtsstand
(Art 13 EuGVÜ, nunmehr Art 16 EuGVVO), sondern auf dem
Gerichtsstand für Vertragsklagen (Art 5 Abs 1 EuGVÜ).
Sohin ist der EuGH der Auffassung, dass, auch wenn nur eine
Gewinnzusage übermittelt wird und die Gewinnanforderung
im Zuge eines Auszahlungsbescheides zurückgesendet werden
muss, ein zweiseitiger Vertrag vorliegt, der zur Klagseinbringung
am Wohnsitz des Verbrauchers berechtigt. Den Gewinnzusagenunternehmen
ist sohin endgültig auch bei grenzüberschreitenden
Gewinnzusagen ein Riegel vorgeschoben worden.
2. Rechtsschutzdeckung für
Gewinnzusagenklagen
Ein spektakuläres Urteil hat das
Handelsgericht Wien gefasst.
Die Rechtsschutzversicherungen verweigerten
nämlich
nahezu flächendeckend die Rechtsschutzdeckung betreffend
Klagen auf Auszahlung einer Gewinnzusage. Hierbei stützen
sie sich auf ein Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Fenyves.
Das HG Wien ist nun in seinem Urteil
der Auffassung, dass bei einer irreführenden Gewinnzusage
eine Verletzung der culpa in contrahendo, sohin die Haftung
aus einem Vertrag, vorliegt. Eine Gewinnzusage ist ein
Anspruch als pauschalierter und vom tatsächlichen
Eintritt eines Schadens unabhängiger
Schadenersatzanspruch aus der Verletzung vorvertraglicher
Schutz- und Aufklärungspflichten. Die Rechtsschutzversicherung
hätte sohin die Rechtsschutzdeckung nicht ablehnen dürfen.
Deutliche Worte findet das HG Wien zur Auffassung der Rechtsschutzversicherung,
dass "Aussichtslosigkeit des Prozesses" vorliegen soll.
Das Gericht wirft nämlich der beklagten Rechtsschutzversicherung
vor, sich nicht ausreichend mit der gängigen Judikatur
des Gerichtssprengels Wien befasst zu haben und dass Klagen
aus Gewinnzusagen bekanntlich weder in der Vorfrage der Zuständigkeit
noch in der Sache selbst aussichtslos sind. In weiterer Folge
sprach das HG Wien der Konsumentin einen Schadenersatzanspruch
gegen die Rechtsschutzversicherung zu in der Höhe von
mehr als € 26.000,00. Weiters betont das HG Wien, dass
es dem Konsumenten unzumutbar ist, die Klage auf eigene Kosten
selbst durchzuführen, da der Kläger gerade für
die Geltendmachung aussichtsreicher Ansprüche Prämien
für seine Rechtsschutzversicherung einzahlt.
Wer nun meint, dass die Rechtsschutzversicherungen
nach diesem eindeutigen, wenn auch nicht rechtskräftigen
Urteil ihre Meinung ändern, irrt. Die Rechtsschutzversicherungen
verweisen zum Großteil weiterhin auf ihre vom HG Wien
abgelehnte Rechtsansicht. Erfreulich bleibt, dass nun wenige
Rechtsschutzversicherungen nun zumindest vorsichtsweise oder
in Kulanz Rechtsschutzdeckung gewähren.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass
sowohl nach Auffassung des EuGH als auch des HG Wien ein
vertraglicher Anspruch vorliegt , und eben für Verletzung
vertraglicher Pflichten haben die meisten Rechtsschutzversicherten
Vorsorge getroffen.
Die Rechtsschutzversicherer wären gut beraten, für
Gewinnzusagenprozesse wieder Deckung zu gewähren - einerseits,
damit gewährleistet werden kann, dass die Unsitte von
irreführenden Gewinnzusagen effizient abschließend
abgestellt werden kann, und andererseits, um nun absehbaren
Haftungen für Schäden gegenüber ihren Versicherungsnehmern
zu entgehen. <--
Urteil des EuGH vom 20.1.2005, C-27/02
Urteil des HG Wien vom 20.1.2005, 40 Cg 75/03k
Oberster Gerichtshof besiegelt Synchronisation der Rechtssprechung mit deutschem Bundesgerichtshof betreffend Gewinnzusagen
In der brandneuen Entscheidung vom 16.6.2004,
7 Ob 98/04v, hält der Oberste Gerichtshof nun erstmals
für Österreich fest, dass es auf das subjektive
Verständnis der Zusendung durch den konkreten Verbraucher
nicht ankommt. Es ist sohin nicht erforderlich, dass der angesprochene
Verbraucher betreffend einer Gewinnzusage dem Schreiben tatsächlich
Glauben schenkt. Der Oberste Gerichtshof formuliert noch drastischer,
dass auch der Verbraucher, der die Gewinnzusage als bloßes
Werbemittel durchschaut oder durchschauen könnte, die
Leistung des angeblich gewonnenen Preises verlangen kann.
Der Oberste Gerichtshof betont, dass die Rechtsprechung
des Deutschen Bundesgerichtshofes insbesondere aus der Entscheidung
vom 19.2.2004, III ZR 226/03 genau den Auslegungskriterien
entspricht, die auch nach der Rechtsprechung des österreichischen
Obersten Gerichtshofes maßgebend sind. Damit ist die
Synchronisation der Rechtsprechung im deutschen Sprachraum
betreffend Gewinnzusagen besiegelt.
Der Grund für die Rechtsprechung in Österreich
und Deutschland ist darin zu suchen, dass irreführende
Gewinnzusagen grundsätzlich hintangehalten werden sollen
und Gewinnzusagenunternehmen grundsätzlich nicht schutzwürdig
sind.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einer
früheren Entscheidung festgehalten, dass nachträgliche
Aufklärung durch Rechtskundige einen bereits entstandenen
Gewinnzusagenanspruch nicht zerstören können
(1 Ob 148/03a; 1 Ob 261/03v). Es ist daher nur logisch, dass
sich am Ergebnis auch nichts ändern kann nunmehr auch
nach Meinung des Obersten Gerichtshofes, wenn schon der Verbraucher
selbst die Gewinnzusage als Werbemittel durchschaut, weil
die Wertungskriterien des Gesetzgebers in beiden Fällen
dieselben sind.
OGH vom 16.6.2004, 7 Ob 98/04v
Deutscher Bundesgerichtshof äußert
sich
zur gerichtlichen Strafbarkeit
sado-masochistischer
Sexualpraktiken mit tödlichem Ausgang
Der deutsche Bundesgerichtshof musste ein Urteil
des Landesgerichts Kassel revidieren und aussprechen, dass
anderslautende Entscheidungen des Reichsgerichtes als überholt
zu betrachten sind.
Gemäß den Feststellungen bevorzugte
die Lebensgefährtin des Angeklagten sexuelle Praktiken,
verbunden mit einer speziellen Fesselung und einem Drosselvorgang.
Der Angeklagte drückte seiner Lebensgefährtin ein
Metallrohr intervallartig drei Minuten lang gegen ihren Hals,
was zu einer Sauerstoffunterversorgung und zum Herzstillstand
und somit zu deren Tod führte. Das Landesgericht lehnte
die Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge
ab wegen der Einwilligung der Frau. Deswegen soll keine Sittenwidrigkeit
vorgelegen sein.
Der deutsche BGH lehnt diese Auffassung zu Recht
ab und betont, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit jedenfalls
dann überschritten ist, wenn der Einwilligende in konkrete
Todesgefahr gebracht wird.
Das Urteil des Landesgerichts Kassel wurde sohin
aufgehoben und zur neuerlichen Verhandlung zurückverwiesen. <--
BGH vom 26.5.2004 - 2 Str 505/03
Gehälter öffentlicher Unternehmen
bleiben ein Geheimnis
Dies stellte der VfGH in einer Grundsatzentscheidung
(KR 1/00) fest. Streitpunkt waren die dem Bezügebegrenzungsgesetz
unterliegenden Unternehmen und deren Kontrolle durch den Rechnungshof.
Konkret sollten Bezieher von Einkommen deren
Grenze über 5.500 Euro / Monat liegt, namentlich und
unter Anführung Ihres Gehaltes in Einkommensberichten
genannt werden. Dieses hätte den betroffenen Unternehmen,
unter ihnen auch der ORF, die Nationalbank und die AUA, noch
kein Problem bereitet, doch wollte der Rechnungshof die personenbezogenen
Daten auch veröffentlichen. Den kontrollierten Unternehmen
schien eine Veröffentlichung inakzeptabel, da dem EU
Datenschutzrecht entgegenstehend und somit verweigerten sie
kurzer Hand die Einsicht in ihre Unterlagen.
Diese Position war jedoch für den Rechnungshof
untragbar, der daraufhin den VfGH konsultierte. Im Rahmen
eines Vorabentscheidungsverfahrens wurde der Ball an den EuGH
weiter gespielt, der lediglich festhielt, dass der VfGH selbst
prüfen muss, ob im Anwendungsbereich des Art 8 EMRK ein
solcher Eingriff in das Recht auf Schutz der Privatsphäre
notwendig und verhältnismäßig ist.
Daher entschied das österreichische
Höchstgericht gegen einen so schweren Eingriff in den
Datenschutz, da zu einer effizienten Kontrolle durch den Rechnungshof
eine Offenlegung der personenbezogenen Daten nicht notwendig
sei. Es ist ihm zwar Einblick in alle Daten zu gewähren,
doch dies allein muss genügen um Missstände in der
Gebarung aufzuzeigen. <--
Rechtsprechungsübersicht Gewinnzusagen
BGH:
Auf den subjektiven Eindruck des konkreten Verbrauchers kommt
es nicht an.
BGH/OGH:
§ 661a BGB und § 5j KSchG sind nicht verfassungswidrig.
Der deutsche Bundesgerichtshof hat nun als erstes
Gericht im deutschen Sprachraum unmissverständlich festgehalten,
dass es nur auf die abstrakte Eignung ankommt, bei einem durchschnittlichen
Verbraucher den Eindruck eines bereits gewonnen Preises zu
erwecken. Auf das subjektive Verständnis der Zusendung
durch den konkret angesprochenen Verbraucher kommt es überhaupt
nicht an (BGH vom 19.2.2004, III ZR 226/03). Es kommt daher
nicht an auf Presseberichterstattung, Spezialkenntnisse des
Verbrauchers, größere oder kleinere Skepsis, etc,
sondern nur auf die abstrakte Auslegung nach den Maßstäben
des Durchschnittsverbrauchers.
Nachdem die Gewinnzusagenunternehmen zahlreiche
Verfahren in Österreich und Deutschland verloren haben,
sind sie nun dazu übergegangen, die Verfassungskonformität
der Gewinnzusagenparagraphen in Frage zu stellen. Sowohl der
deutsche BGB als auch der österreichische OGH haben hierzu
eine eindeutige Antwort. § 5j KSchG und § 661a BGB
sind verfassungskonform.
Der österreichische OGH hat dies in den
Entscheidungen 4 Ob 27/03d, 2 Ob 73/03d und 7 Ob 106/03v bereits
ausführlich und zutreffend begründet. Der OGH ist
der Auffassung, dass kein Unternehmen verpflichtet ist, Gewinnspiele
zu veranstalten, die im Falle des unerlaubten Verhaltens ruinös
sein könnten. Diese Auffassung begründet auch der
deutsche BGH in der Entscheidung vom 16.10.2003, III ZR 106/03.
Nach Meinung des deutschen BGH handelt es sich beim Leistungsanspruch
des § 661a BGB nicht um eine strafähnliche hoheitliche
Maßnahme, weshalb für die Anwendung des Schuldprinzips
kein Raum bleibt.
Der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof setzt
sich mangels Aussicht auf Erfolg mit einer Verfassungsbeschwerde
gegen § 661a BGB freilich gar nicht mehr auseinander
(BVerfGE vom 5.1.2004, 1 BuR 2518/03).
Die Auffassung der Höchstgerichte wird
auch von der Lehre bestätigt (zuletzt Schröder in
NJW 2004 H 11, 719). Schröder würde es begrüßen,
wenn auch die Unternehmen, die hinter vermögenslosen
Briefkastenfirmen stehen, zur Haftung herangezogen werden.
Auch hiefür gibt es bereits erste Ansätze in der
Judikatur. Der OGH hat in der Entscheidung vom 10.2.2004,
4 Ob 227/03s, ausgesprochen, dass auch das Unternehmen haftet,
welches nur die Versandhüllen mit den an der Innenseite
abgedruckten Teilnahmebedingungen des beanstandeten Gewinnspiels
zur Verfügung stellt.
Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass
die Intention des Gesetzgebers, irreführende Gewinnzusagen
hintanzuhalten, nach der engagierten Rechtsprechung der Höchstgerichte
in Österreich und Deutschland greift und sich die bekanntesten
Gewinnzusagenunternehmen aus dem österreichischen Markt
bereits zurückgezogen haben. <--
Nationale Schutzvorschriften betreffend Gesellschaftsgründung
vom Europäischen Gerichtshof für unanwendbar erklärt
Mit dem Urteil vom 30. September 2003 entschied
der Europäische Gerichtshof in einer Vorabentscheidung
über Fragen, die vom Kantongerecht Amsterdam an ihn gerichtet
wurden. Es ging dabei um eine Gesellschaft englischen Rechts,
die um die Eintragung ihrer Zweigniederlassung im niederländischen
Handelsregister angesucht hatte.
Nach niederländischem Recht wäre die
Eintragung nur mit dem Zusatz "formal ausländische
Gesellschaft" möglich gewesen. Dazu ist anzumerken,
dass das britische Recht, bezogen auf Private Limited Companies
(eine Gesellschaftsform wie die österreichische Gesellschaft
mit beschränkter Haftung), sehr liberal ist. Als Stammkapital
wird lediglich ein britischer Pfund verlangt. Im Gegensatz
dazu beträgt das Stammkapital einer GmbH bei uns €
35.000,-, wovon anfangs zumindest € 17.500,- einbezahlt
werden müssen. Auch Arbeitnehmervertreter haben in der
britischen PLC kein Recht auf einen Sitz im Aufsichtsrat.
In Österreich und auch in Deutschland ist ja das paritätische
Mitbestimmungsrecht gesetzlich festgesetzt. Und auch die Niederlande
hat ein strengeres Recht für gleichwertige Gesellschaften
und wollte durch die Zusatzformel bei der Eintragung im Handelsregister
auf diesen Umstand aufmerksam machen.
Der EuGH stellte in seiner Vorabentscheidung
fest, dass das nationale Recht nicht andere Offenlegungspflichten
als diejenigen, die bereits in einer Richtlinie der EWG festgelegt
worden sind, auferlegen kann. Denn dies verstoße gegen
die Niederlassungsfreiheit. Lediglich dann, wenn in einem
konkreten Fall ein Missbrauch nachgewiesen worden ist, könne
der Staat entsprechend reagieren.
Das bedeutete für den Fall in den Niederlanden, dass
das Recht auf Gründung einer Zweigniederlassung in einem
anderen Mitgliedstaat der EU nicht deswegen behindert werden
durfte, weil im innerstaatlichen Recht ein höheres Mindestkapital
oder eine andere Haftung des Geschäftsführers für
die betreffende Gesellschaftsform vorgesehen war.
Damit wird es in Zukunft auch unmöglich
sein, andere nationale Schutzvorschriften - wie z.B. das in
Österreich verankerte paritätische Mitbestimmungsrecht
- auf Unternehmen, die in anderen Staaten der europäischen
Union gegründet wurden, anzuwenden. <--
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Gerold Beneder
EuGH vom 30.09.2003, Rechtssache C-167/01
Oberster Gerichtshof zum Beweissicherungsverfahren
Der OGH hält in einer neuen Entscheidung
fest, dass gerichtliche Sachverständige zur Beweissicherung
ausschließlich die Befundaufnahme vorzunehmen haben.
Die darüber heraus gehende Erstattung eines
Gutachtens über strittige Fragen ist nicht Gegenstand
eines Beweissicherungsverfahrens.
Für den Fall, dass die Befundaufnahme des
Sachverständigen bereits Elemente eines Gutachtens enthält
und über die eigentliche Befundaufnahme hinausgeht, ist
trotzdem von der Unanfechtbarkeit des der Beweissicherung
bewilligten Beschlusses auszugehen (vgl. 8 Ob 61/00d).
Der Gesetzgeber hat wegen der uU schwierigen
Abgrenzung zwischen Befund und Gutachten sowie wegen des Provisorialcharakters
des Beweissicherungsverfahrens eine Anfechtbarkeit des bewilligten
Beschlusses aus guten Gründen grundsätzlich ausgeschlossen.
Ein allfällig auftragsgemäß
erstattetes, über die Befundaufnahme hinausgehendes Gutachten
wäre im nachfolgenden Prozess allerdings unbeachtlich. <--
OGH vom 28.5.2003, 7 Ob 120/03b
Mag. Michèle Beneder-Rockenschaub
Bereitschaftsdienst im Spital gilt
als volle Arbeitszeit
Der europäische Gerichtshof hat in einer
jüngsten Entscheidung einem deutschen Arzt Recht gegeben
und festgestellt, dass Bereitschaftdienst eines Arztes im
Spital im vollen Umfang anzurechnen und wie normale Arbeitszeit
zu bezahlen ist.
Der Hintergrund diese Entscheidung war das Faktum,
dass in Deutschland Klinikärzte derzeit nach der regulären
Arbeitszeit häufig Nachtbereitschaften in der Klinik
auf sich nehmen müssen und anschliessend wieder am nächsten
Tag ihren normalen Tagdienst anzutreten haben. Anwesenheitszeiten
im Spital bis zu 32 Stunden sind an der Tagesordnung.
Der EuGH entschied entgegen einem Urteil des
Bundesarbeitsgerichtes, dass in diesem Punkt das deutsche
Arbeitsrecht sich nicht an die Bestimmungen der EU-Arbeitsrichtlinie
hält. Die Richter des EuGH schlossen sich der Entscheidung
des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofes an
und erklärten, dass Bereitschaftsdienst im vollen Umfang
anzurechnen sei, weil der Arzt dem Arbeitgeber zur Verfügung
steht.
Der EuGH hält in seiner Entscheidung fest,
dass es darauf ankommt, ob der Bereitschaft habender Arzt
sich an einem Ort aufhält, der vom Arbeitgeber bestimmt
ist und er diesem auch sofort die benötigte Leistung
erbringen könne. Der EuGH qualifiziert daher den Umstand,
ob sich der Arzt während seiner Rufbereitschaft im Spital
befindet oder nicht. Eine Rufbereitschaft außerhalb
des Spitals unterliegt daher weniger starken Einschränkungen.
Auf Grund dieser Entscheidung rechnet der deutsche
Ärzteverband mit einem zusätzlichen Bedarf von zumindest
15 000 neuen Stellen. Die deutsche Krankenhausgesellschaft
geht sogar von einem Bedarf von rund 27 000 neuen Ärzten
aus. Auf deutsche Spitäler könnten daher Kosten
in Milliardenhöhe zukommen.
Im Sinne dieser neuen Entscheidung des EuGH
sollten Bereitschaftsdienste als volle Arbeitszeit angerechnet
werden und sind im Interesse der Spitalsärzte und auch
der Patienten Ruhezeiten einzuhalten. <--
Mag. Michele Beneder-Rockenschaub, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Gerold Beneder
Urteil des EuGH vom 09.09.2003, Rechtssache
C-151/02
Kein Versicherungsschutz bei Handybenützung ohne Freisprecheinrichtung
und für L17-Übungsfahrten
Zwei nachfolgende Entscheidungen beziehen sich
jeweils auf Verkehrsunfälle, bei denen die Versicherung
die Übernahme der Kostendeckung verwehrte und dabei im
gerichtlichen Verfahren Recht bekam. Sie stehen zwar in keinem
unmittelbaren Zusammenhang, machen aber beide darauf aufmerksam,
dass Versicherungsunternehmen - auch im Rahmen einer Vollkaskoversicherung
- bei weitem nicht alle Versicherungsfälle decken.
Im ersten Fall handelt es sich um eine Entscheidung
der OLG Köln. Das Gericht stellte die Leistungsfreiheit
der Versicherung fest, da der Versicherte den Unfall fahrlässig
durch Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung herbeigeführt
hat. Die Richter fanden, dass es grundsätzlich grob fahrlässig
ist, wenn jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer
Acht lässt und unaufmerksam Auto fährt. Hierbei
hatte der Versicherte die Fahrbahn nicht im Blick gehalten
und war durch das Hantieren mit seinem Handy so abgelenkt,
dass er die Gewalt über das Fahrzeug verlor. Noch dazu
waren die Verkehrverhältnisse zum Unfallzeitpunkt aufgrund
Nebel und nasser Fahrbahn schwierig. Der Umstand, dass der
Versicherte lediglich Vorbereitungen zum Telefonieren übernommen
hatte und es zum Unfallzeitpunkt kein Verbot zum Telefonieren
ohne Freisprecheinrichtung gab, war dabei unerheblich.
Es handelt sich dabei zwar um eine deutsche
Entscheidung, jedoch ist ein gleich lautendes Urteil in Österreich
möglich und wahrscheinlich.
Die zweite Entscheidung ist ein österreichisches
Urteil vom Obersten Gerichtshof. Dabei versagte das Versicherungsunternehmen
den Schutz für einen Unfall, der sich im Zuge einer L17-Übungsfahrt
ereignete. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde
der Versicherungsschutz für kraftfahrzeugsportliche Veranstaltungen
und dazugehörigen Trainingsfahrten, sowie sinngemäß
für Perfektions- und Übungsfahrten ausgeschlossen.
Dass solche L17-Ausbildungsfahrten erst nach Vertragsschluss
per Gesetz möglich gemacht wurden, machte für den
OGH keinen Unterschied. Der OGH führte aus, dass der
Vertrag eben interpretiert werden müsse und zwar am Maßstab
eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers.
Und im Ergebnis müsse der Vertrag hier nicht einmal speziell
interpretiert werden, denn der Sinn der Klausel ergebe sich
schon allein aus dem Wortlaut. Der Zweck dieser Klausel sei,
ein nicht überschaubares und nicht kalkulierbares Risiko
aus der Deckung herauszunehmen; und eine L17-Übungsfahrt
stelle schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein wesentlich
höheres Risiko dar. Daher sei auch der Versicherungsschutz
zu Recht versagt worden. In einem Nebensatz erklärte
der OGH außerdem, es wäre ja dem Versicherungsnehmer
freigestanden, etwas Anderes zu vereinbaren! <--
OLG Köln vom 19.9.2000, Az. 9 U 43/00
und OGH vom 5.8.2003, GZ 7 Ob 164/03y
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder
Oberster Gerichtshof verfeinert seine Rechtsprechung betreffend
irreführender Gewinnzusagen
In der jüngst gefallenen Entscheidung vom
1.7.2003, 1 Ob 118/03i, fasst der Oberste Gerichtshof seine
bisherigen Grundsätze zu Gewinnzusagen zusammen. Weiters
hebt der Oberste Gerichtshof neu hervor, dass der Erfüllungsanspruch
gemäß § 5j KSchG nicht die Anbahnung des Kaufs
von Waren voraussetzt. Verpönt ist jedes Handeln des
Unternehmens, das erkennbar auf Gewinnabsicht abzielt durch
unseriöse Gewinnzusagen, mit dem der Unternehmer das
Verhalten von Verbrauchern am Markt unsachlich beeinflussen
will. Das bedeutet für die Praxis sohin, dass die Aufforderung
des Gewinnzusagenunternehmens mittels Mehrwertnummer zur Gewinnanforderung,
allenfalls verbunden mit psychologischem Druck oder die Aufforderung,
bei dieser Gelegenheit die Daten des Verbrauchers bekannt
zu geben, für eine erfolgreiche Gewinneinklagung ausreichen.
Weiters stellt der Oberste Gerichtshof bei dieser
Gelegenheit fest, dass die fehlende Verbrauchereigenschaft
vom Gewinnzusagenunternehmen unter Beweis zu stellen ist.
Obwohl das Berufungsgericht ausdrücklich
die Frage nach der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j
KSchG gestellt hat, ließ der Oberste Gerichtshof diese
Frage neuerlich unbeantwortet, da sie zur Lösung des
Falles nicht erforderlich gewesen ist. Der Oberste Gerichtshof
stellt nämlich fest, dass der Gewinnzusagenanspruch unabhängig
von seiner Rechtsnatur bei Vorliegen der Voraussetzungen jedenfalls
gegeben ist. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass eine diesbezügliche
Klärung des Obersten Gerichtshofes jedenfalls angebracht
wäre, allein schon in Hinblick auf die um sich greifende
Praxis der Rechtsschutzversicherungen, die Kostendeckung abzulehnen,
da nach Meinung der Rechtsschutzversicherungen weder ein vertraglicher
Anspruch noch ein Schadenersatzanspruch vorliegen soll. Der
VKI in einem Musterprozess und zahlreiche Gerichte in Österreich
und Deutschland bis hin zum Deutschen Bundesgerichtshof haben
hierzu eine andere Auffassung, indem sie von einem vertraglichen
Anspruch, zumindest jedoch von einem Schadenersatzanspruch
ausgehen. Diese Rechtsfrage bedarf sohin der Klärung
durch den Obersten Gerichtshof im Interesse eines effektiven
Schutzes der Verbraucher vor Gewinnzusagen. <--
RA Mag. Gerold Beneder
OGH vom 1.7.2003, 1 Ob 118/03i
Eintrittsrecht des homosexuellen Lebensgefährten
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
hat vor kurzem eine bahnbrechende Entscheidung im Hinblick
auf Gleichstellung hetero- und homosexueller Lebensgemeinschaften
getroffen.
Die Entscheidung betrifft ein Verfahren, indem
ein Mann, nachdem sein Lebensgefährte gestorben war,
aus der gemeinsam bewohnten Mietwohnung ausziehen sollte.
Denn ein homosexueller Partner hätte im Gegensatz zum
heterosexuellen kein Eintrittsrecht in den Mietvertrag des
verstorbenen Partners. Interessant ist, dass sich sowohl das
BG Favoriten, als auch das LG für Zivilrechtssachen Wien
für das Eintrittsrecht des Lebensgefährten im gegenständlichen
Fall aussprach. Das Urteil des OGH gab schließlich doch
dem Vermieter Recht und erklärte die Kündigung mit
der Begründung, dass das Mietgesetz aus dem Jahre 1974
nicht an Personen desselben Geschlechts gedacht hätte,
für rechtens!
Der Betroffene gab sich aber nicht geschlagen,
sondern reichte Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte ein. Die Beschwerde wurde folglich
für zulässig erkannt - womit die größte
Hürde genommen war. Als der Beschwerdeführer folglich
aufgrund eines Herzinfarktes verstarb, verlangte die Republik
Österreich, dass der Antrag nicht mehr behandelt wird.
Der EMGR fand die Entscheidung aber von allgemeinem Interesse,
behandelte die Beschwerde dennoch und gab schließlich
dem Lebensgefährten, nach einem insgesamt neunjährigen
Verfahren, Recht.
Der EMGR stellte fest, dass die Ungleichbehandlung
nicht notwendig wäre und gegen Art. 8 MRK (Recht auf
Achtung des Privat- und Familienlebens) und gegen Art. 14
MRK (Diskriminierungsverbot) verstoße. Damit muss sich
die Rechtssprechung in Österreich ändern. Diese
Entscheidung könnte nun auch Einfluss auf ähnlich
gelagerte Fälle, wie z.B. bei der Pflegefreistellung
oder der Mitversicherungsmöglichkeit, haben. Und selbst
der Gesetzgeber wird in Zukunft homosexuelle Lebensgemeinschaften
gegenüber heterosexuellen nicht schlechter behandeln
können. <--
EGMR, Urteil vom 24.7.2003 - Application no. 40016/98
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Beneder
Kontaktlinsen versus Brille
Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst über
die Frage entschieden, ob es die Entziehung der Lenkerberechtigung
rechtfertigt, wenn ein Autofahrer statt der im Führerschein
vermerkten Brillen Kontaktlinsen trägt.
Im gegenständlichen Fall fand eine Verkehrskontrolle
statt. Der Fahrzeuglenker trug Kontaktlinsen, im Führerschein
wurde jedoch das Tragen einer Brille vorgeschrieben. Es wurde
daraufhin festgestellt, dass er ohne gültige Lenkerberechtigung
unterwegs wäre und nicht als verkehrszuverlässig
gelte. Der Führerschein wurde folglich für ganze
drei Monate entzogen!
Der VwGH sprach nun in einer Entscheidung aus,
dass dies bei einer solchen Fallkonstellation zu Unrecht geschieht.
Die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit könne
nicht nur vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache abhängig
gemacht werden, vielmehr müsse es darauf ankommen, ob
der Lenker die Verkehrssicherheit gefährde.
In der obgenannten Causa wurde nämlich
durch ein Gutachten eindeutig belegt, dass der Betroffene
seit Jahren Kontaktlinsen trägt, diese verträgt
und genauso gut wie mit seiner Brille sieht. Die Entziehung
der Lenkerberechtigung war daher zu Unrecht, die Verkehrszuverlässigkeit
dagegen sehr wohl gegeben.
Die führenden Autofahrerclubs raten trotzdem
den entsprechenden Code - statt Brillen in Zukunft Kontaktlinsen
zu tragen oder umgekehrt - im Führerschein eintragen
zu lassen. Die Strafen wegen Säumnis der Eintragung seien
hoch, auch wenn die Lenkerberechtigung nicht entzogen wird. <--
VwGH Erkenntnis vom 29. April 2003,
Zl. 2001/11/0311
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder
Höchstgerichte schützen Konsumenten vor Telefondiensten
Aufgrund einer Verbandsklage des VKI, entschied
der OGH, dass Anbieter von Telefon-Auskunftsdiensten ihre
Kunden unmittelbar am Beginn des Gespräches über
die anfallenden Kosten informieren müssen. Dieses auch
dann, wenn sich der Betreiber eines Auskunftsdienstes eines
anderen Betreibers bedient. Staatssekretärin Ursula Haubner
zeigte sich erfreut über diese wichtige Entscheidung
im Rahmen des Konsumentenschutzes.
Der deutsche Bundesgerichtshof baut die Rechtssprechung
des OGH noch weiter aus: Sogar in der Werbung für Telefonauskunftsdienste
unter Angabe der Telefonnummer muss zugleich der Preis für
die Dienstleistung angegeben sein. Denn die Werbung für
eine spezielle Auskunft mit der dafür maßgeblichen
Telefonnummer enthalte bereits ein Leistungsangebot, das nach
der deutschen Preisangabenverordnung die Pflicht zur Angabe
des Preises nach sich ziehe. <--
Urteil vom 3. Juli 2003 des Bundesgerichtshofes
- I ZR 66/01, I ZR 211/01
Juristische Sensation: Staat haftet für gemeinschaftsrechtswidrige
Entscheidung des VwGH
Die beim Europäischen Gerichtshof anhängige
Rechtssache behandelt das Thema Staatshaftung für den
Fall, dass ein Höchstgericht Schaden aufgrund eines ihm
zurechenbaren Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht
verursacht. Generalanwalt Philippe Léger hat nun in
seinem Schlussantrag dazu Stellung genommen.
Das Rechtsproblem nahm seinen Anfang darin,
dass einem österreichischen Universitätsprofessor
die sogenannte Dienstalterzulage mit dem Hinweis verweigert
wurde, dass nicht sämtliche fünfzehn Jahre Dienstzeit
im Inland geleistet wurden. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz
der Freizügigkeit der Arbeitnehmer wurde dadurch mittelbar
verletzt - dagegen legte der Professor folglich Beschwerde
ein.
Der Verwaltungsgerichtshof rief zuerst den EuGH an, zog aber
dann seine Fragestellung zurück. Der Professor glaubte,
dass der VwGH damit gemeinschaftsrechtswidrig entschieden
hatte und ihm dadurch ein Schaden entstanden sei. Er erhob
Schadenersatzklage vor dem Landesgericht für ZRS Wien,
das wiederum den EuGH anrief.
Dabei ist anzumerken, dass es nach dem österreichischen
Amtshaftungsrechtes (gemäß § 2 Abs. 3 AHG)
unmöglich ist, gegen ein höchstgerichtliches Urteil
vorzugehen und Schadenersatz zu verlangen.
Generalanwalt Philippe Léger stellte hingegen fest,
dass ein Mitgliedstaat sehr wohl für den Schaden, den
ein Einzelner durch den Verstoß eines Höchstgerichtes
gegen das Gemeinschaftsrecht erleidet, haften müsse.
Ansonsten könne ja die Wiederherstellung des beeinträchtigten
Rechtes nicht garantiert werden. Als Mindestvoraussetzung
für die Staatshaftung, so der Generalanwalt, müsse
das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen Rechte einräumen,
der Verstoß müsse qualifiziert sein - dabei geht
es um Entschuldbarkeit des Verstoßes - und ein unmittelbarer
Kausalzusammenhang müsse ebenfalls bestehen.
Wenn der EuGH nun dem gegenständlichen Schlussantrag
folgt, würde das die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der
Bestimmung des Amtshaftungsgesetzes bedeuten. D.h. Österreich
wäre gezwungen diese Regelung zu ändern; und somit
wäre der Weg dazu geebnet, dass auch die Höchstgerichte
für etwaige Schäden, die durch ihre Entscheidungen
entstehen, haften und ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden
kann!
In seinen Ausführungen führte der
Generalanwalt aus, dass im gegenständlichen Fall diese
Mindestvoraussetzungen erfüllt sind und es sich um keinen
entschuldbaren Fehler seitens des Verwaltungsgerichtshofes
handle, eine Staatshaftung sei daher möglich!
Es ist festzuhalten, dass der EuGH grundsätzlich nicht
an die Schlussanträge des Generalanwaltes gebunden ist;
in der Praxis folgt er ihnen aber meist. <--
Schlussantrag des Generalanwaltes Philippe
Léger vom 8. April 2003, C-224/01
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder
Vertragsstrafen in Bauverträgen
Mit Urteil vom 23. Jänner 2003 entschied
der Deutsche Bundesgerichtshof über die Wirksamkeit von
Vertragsstrafklauseln in Bauverträgen.
Im gegenständlichen Fall war der Auftragnehmer
bei Überschreiten der vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermine
zur Zahlung eines Pönales von 0,15% des Pauschalpreises
pro Werktag Verspätung, insgesamt höchstens zu 10%
der Auftragssumme des entsprechenden Bauabschnittes verpflichtet.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt belief sich die Auftragsumme
auf 28,2 Millionen DM. Der Auftraggeber beanspruchte die Vertragsstrafe
im höchsten Ausmaß von 2,82 Millionen DM.
In Abweichung der bisherigen Rechtssprechung
urteilte der Bundesgerichtshof, dass eine Vertragsstrafe in
Höhe von 10% der Auftragssumme den Auftragnehmer zu sehr
benachteilige. Eine Vertragsstrafe in Höhe von 5% sei
ausreichend.
Bereits vereinbarte Vertragsstrafen bis zur
Höhe von 10% sollen deswegen allerdings nicht unwirksam
sein. Der Bundesgerichtshof erachtet ein Pönale in Höhe
von 10% bei Auftragssummen bis ca. 13 Millionen DM als unbedenklich.
Derartige Klauseln sind erst dann generell gemäß
§ 307 BGB unwirksam, wenn die Verträge nach Bekannt
machen vorliegender Entscheidung abgeschlossen werden. <--
Urteil vom 23. Jänner 2003 des
Bundesgerichtshofes - VII ZR 210/01
Mag. Sonja Raus, Rechtsanwaltskanzlei Mag.
Gerold Beneder
Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit versus
Gemeinschaftsrecht?
Ein Umweltschutzverein veranstaltete eine zweitägige
Demonstration auf der Brenner-Autobahn, um auf die steigende
Umweltbelastung durch den Transitverkehr aufmerksam zu machen.
Der Verein meldete die Demonstration bei den zuständigen
Behörden an, welche die Demonstration als zulässig
erachteten. Zudem unterrichtete der Verein die Medien, welche
die Information an österreichische, deutsche und italienische
Verkehrsteilnehmer verbreiteten. Die Demonstration fand zum
angekündigten Zeitpunkt statt und hatte eine 30-stündige
Blockade der Brenner-Autobahn zu Folge.
Ein durch diese Demonstration an der Durchführung
von Transporten von Italien nach Deutschland verhindertes
Unternehmen klagte daraufhin die Republik Österreich
auf Schadenersatz wegen einer unzulässigen, mit dem Gemeinschaftsrecht
unvereinbaren, Beschränkung des freien Warenverkehrs.
Fünf LKWs der Firma waren aufgrund der Demonstration
und des Wochenend- und Feiertagsfahrverbots insgesamt an vier
aufeinanderfolgenden Tagen blockiert gewesen.
Das OLG Innsbruck fragte den EuGH dazu, ob der
Grundsatz des freien Warenverkehrs die Mitgliedsstaaten verpflichte,
Transitstrecken frei zu halten und ob diese Verpflichtung
der Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorgehe.
Grundsätzlich müssen die Mitgliedstaaten
die Freiheit des Warenverkehrs gewährleisten. Ergreift
der Mitgliedstaat nicht die geeigneten Maßnahmen um
Beschränkungen des Warenverkehrs zu beseitigen, so kann
er belangt werden.
Bei der Blockade der Brenner-Autobahn als einer
wichtigen Nord-Süd Transitverbindung kommt dieser Verpflichtung
der Mitgliedstaaten besondere Bedeutung zu. Die Genehmigung
der Demonstration kann eine Beeinträchtigung des Freien
Warenhandels darstellen und ist daher prinzipiell mit dem
Gemeinschaftsrecht unvereinbar, wenn es nicht objektiv gerechtfertigt
werden kann.
Bei Prüfung der Rechtfertigung ist auf
das Ziel zu achten, welches die Behörden mit der Genehmigung
der Demonstration vor Augen hatten. Im vorliegenden Fall war
es die Wahrung der Meinungsäußerung- und Versammlungsfreiheit
der Demonstranten, die als Grundrechte durch die österreichische
Verfassung und die EMRK garantiert werden. Bei der vorzunehmenden
Interessensabwägung zwischen der Freiheit des Warenverkehrs
und dem Schutz der Grundrechte ist anhand der Umstände
im Einzelfall vorzugehen.
Die Blockade der Brenner-Autobahn verlief friedlich,
die Demonstranten übten ihr Recht auf Meinungsäußerungs-
und Versammlungsfreiheit rechtmäßig aus. Insbesondere
verständigten die Demonstranten eventuell betroffenen
Verkehrsteilnehmer rechtzeitig und sie blockierten nur eine
einzige Strecke ein einziges Mal. Dadurch hatten die Behörden
die Möglichkeit geeignete Maßnahmen zu treffen,
um die Auswirkungen der Blockade möglichst gering zu
halten. Die nationalen Behörden konnten somit annehmen,
dass das mit der Demonstration verfolgte Ziel, nicht mit Maßnahmen
erreicht werden konnte, die den Freien Warenverkehr geringer
beeinträchtigt hätten.
Demzufolge sprach der Gerichtshof, dass die Genehmigung der
Demonstration nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen dem
Freien Warenverkehr und dem Grundrechtsschutz für Demonstranten
führt, sondern vielmehr das rechtliche Gleichgewicht
gewahrt wird. Somit ist gegen die österreichischen Stellen
kein Vorwurf zu erheben, der eine Haftung der Republik Österreich
auslösen würde. <--
Urteil des EugH in der Rechtssache C-112/00,
vom 12.06.2003
Mag. Sonja Raus, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Gerold Beneder
Offenlegung der ORF-Einkommensdaten möglich
Der Europäische Gerichtshof beschäftigte
sich nun in einem Vorabentscheidungsverfahren mit einer Frage,
die der Oberste Gerichtshof und der Verfassungsgerichtshof
eingeleitet hatten. Es ging dabei darum, ob es nach dem Gemeinschaftsrecht
(insbesondere nach der Gemeinschaftsrichtlinie über den
Schutz personenbezogener Daten) zulässig ist, dass der
Rechnungshof in seinem Jahresbericht Daten über Bezüge
und Ruhensbezüge von Arbeitnehmern öffentlicher
Einrichtungen samt Namen der Allgemeinheit zugänglich
macht.
Bisher haben sich der ORF und auch andere öffentliche
Unternehmen, Gebietskörperschaften und gesetzliche Interessenvertretungen
geweigert, ihre Einkommensdaten an den Rechnungshof weiterzugeben.
Zwei Arbeitnehmer des ORF wollten dies durch Anrufung des
Obersten Gerichtshofes auch für die Zukunft verhindern.
Der EuGH stellte nun fest, dass insbesondere nach dieser Gemeinschaftsrichtlinie
Grundrechte und Grundfreiheiten, darunter fällt auch
der Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen,
bei der Verarbeitung personenbezogener Daten einzuhalten seien.
Zu den gemeinschaftsrechtlich geschützten Grundrechten
gehöre unter anderem auch die der EMRK, die gemäß
Art. 8 ebenfalls den behördlichen Eingriff in die Privatsphäre
schützt.
Unter bestimmten Voraussetzungen lasse die EMRK allerdings
einen Eingriff zu. Nämlich immer dann, wenn der Eingriff
gesetzlich vorgesehen ist, diese Regelung ein berechtigtes
Ziel verfolgt und auch notwendig ist.
Im obgenannten Fall ist der Eingriff sehrwohl
im österreichischen Gesetz vorgesehen; die sparsame und
sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel stellt darüber
hinaus auch einen berechtigten Zweck dar. Der ORF und andere
Einrichtungen könnten danach in Zukunft tatsächlich
gezwungen sein, die Bezüge und Ruhensbezüge ihrer
Mitarbeiter öffentlich zu machen!
Nach der Entscheidung des EuGH müssen nun die nationalen
Gerichte noch über die Notwendigkeit und Angemessenheit
entscheiden und dabei auch das Erfordernis der Vorhersehbarkeit
prüfen.
Wenn all das bejaht wird, könnten diese Zahlen bald im
Jahresbericht des Rechnungshofes öffentlich und transparent
gemacht werden. <--
EuGH vom 20.05.2003, C-465/00
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder
Verwaltungsgerichthof entscheidet: Arbeitslosengeld für
aktive Politiker
Die Frage, ob eine entgeltlich ausgeübte
politische Funktion die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zwingend
ausschließt, wurde zuletzt in mehreren Entscheidungen
des Verwaltungsgerichtshofes behandelt.
Dazu ist anzumerken, dass ein "normaler"
Arbeitnehmer, sobald er mit seinem Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze
von € 301,54 überschreitet, sofort den Anspruch
auf Arbeitslosengeld verliert. Der Verwaltungsgerichtshof
hat bereits in einigen Entscheidungen die Grenze für
Politiker beträchtlich höher angesetzt.
Bei Politikern komme es zuerst darauf an, ob
das Einkommen auch einen "angemessenen" Beitrag
zum Lebensunterhalt leistet. Darüber hinaus muss die
Tätigkeit auch in ihrer Ausgestaltung eine Beschäftigung
im Sinne des Arbeitslosengesetzes darstellen. Wenn also neben
der politischen Tätigkeit noch genug Zeit bleibt einer
anderen Beschäftigung nachzugehen - und dies aufgrund
seiner politischen Funktion auch möglich ist -, kann
der Anspruch auf Arbeitslosengeld aufrecht bleiben.
Einer der Beschwerdeführer war als Gemeinderat,
natürlich gegen Entgelt in der Höhe von € 434,--
(abzüglich Kranken- und Unfallversicherung), tätig.
Dennoch stellte er einen Antrag auf Arbeitslosengeld, welcher
durch Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices
abgewiesen wurde. Schlussendlich wurde dieser Bescheid wegen
Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, denn
diese politische Tätigkeit könne nicht als eine
Beschäftigung im Sinne des Arbeitslosengesetzes gewertet
werden!
Solche Entscheidungen wurden nun schon mehrmals
durch den Verwaltungsgerichtshof getroffen. Die monatlichen
Einkünfte, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld - allerdings
nur für Politiker - nicht ausschließen, bewegten
sich zwischen € 290,-- und € 830,--. Eine abschließende
ziffernmäßige Begrenzung wurde jedoch noch nicht
getroffen
<--
VwGH Erkenntnis vom 17. Dezember 2002,
Zl. 2002/08/0239
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Gerold Beneder
Oberster Gerichtshof verpflichtet Gewinnzusagenunternehmen
zur Nennung der Firmenbuchdaten bei ihren Aussendungen.
In der Vergangenheit ist
es oftmals vorgekommen, dass Gewinnzusagenunternehmen bei
ihren Aussendungen die gemäß § 14 HGB geforderten
Angaben betreffend Rechtsform, Sitz, Firmenbuchnummer und
Firmenbuchgericht nicht angegeben haben.
Auf diese Weise war es dem Unternehmen möglich,
gewissermaßen anonym zu agieren bzw war das Ausforschen
des hinter der Zusendung stehenden Unternehmens sowohl für
die Verbraucher, aber sogar für Rechtsanwälte schwierig.
In dem nun durch den OGH entschiedenen Verfahren wurde wegen
Verstoßes gegen § 14 HGB gegen den Vorstand der
EVD Direktverkauf AG (nunmehr: IVH Versandhandel GmbH) eine
Zwangsstrafe von € 2.000,-- verhängt. Diese Zwangsstrafe
wurde sowohl vom OLG Wien als auch vom OGH mit der Entscheidung
vom 20.3.2003, 6 Ob 21/03m, bestätigt.
Der OGH führt aus, dass sämtliche
von den Anzeigern beim Erstgericht vorgelegten Schreiben als
Geschäftsbriefe im Sinne des § 14 Abs 1 HGB zu qualifizieren
sind, unabhängig davon, ob sie auf einer Postkarte, auf
einem Telegramm, einem Scheck oder einer Postanweisung oder
ob der Text auf dem Kuvert selbst aufgeschienen ist. Schließlich
befasst sich der OGH nun mit der Rechtsfrage erheblicher Bedeutung,
ob der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs 3 HGB, nämlich
eine bestehende Geschäftsverbindung, vorliegt. Dies wird
jedoch vom OGH verneint und darf hierzu festgehalten werden,
dass eine bestehende Geschäftsverbindung mit sämtlichen
Adressaten einer Aussendung mit erheblicher Auflage zu Recht
verneint werden kann. Die EVD Direktverkauf AG hat im Jahr
2001 allein 40,5 Mio Werbeträger versandt.
Festzuhalten ist sohin positiv für den
Verbraucher, dass Gewinnzusagenunternehmen gemäß
§ 14 HGB und der nun vorliegenden erstmaligen Entscheidung
des OGH zu dieser Frage jedenfalls die entsprechenden Daten
anzuführen haben. Erfreulich ist weiters, dass seit der
Verhängung der ersten Zwangsstrafe zumindest die in Österreich
ansässigen Unternehmen, wenn auch kleingedruckt und oftmals
normal auf die Leserichtung angebracht, Daten gemäß
§ 14 HGB aufweisen.
Das vorliegende Musterverfahren und die Entscheidung
des OGH sind daher ein weiterer Meilenstein zum Schutz der
Verbraucher vor Gewinnzusagen. <--
OGH vom 20.03.2003, 6 Ob 21/03m
Gelten Bereitschaftsdienstzeiten eines Arztes in einem Krankenhaus
in vollem Umfang als Arbeitszeit?
Herr Jaeger arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus
in Kiel. Dort leistet er monatlich sechs Bereitschaftsdienste,
die je nach Wochentag 16, 18, 5, 25, bzw. 22 Stunden dauern
und durch Freizeitausgleich bzw. Überstundenvergütung
abgegolten werden.
In Deutschland gelten Ruhezeiten, in denen nicht gearbeitet
wird als Ruhezeit, für die keine Entlohnung gebührt.
Herr Jaeger vertrat die Meinung, dass der Bereitschaftsdienst
Arbeitszeit sei, die vergolten werden müsse.
Im Zuge des Rechtsstreits ersuchte das deutsche
Gericht den EuGH um Auslegung einzelner Bestimmungen der Gemeinschaftsrichtlinie
93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.
Im Besonderen ging es um die Frage, ob es sich bei Bereitschaftszeiten,
die von Ärzten in Krankenhäusern geleistet werden,
in vollem Umfang um Arbeitszeit handelt, soweit es ihnen in
Zeiten, in denen sie nicht in Anspruch genommen werden, gestattet
ist, an Ort und Stelle zu schlafen.
Am 8. April 2003 trug der Generalanwalt Ruiz-Jarabo
seine Schlussanträge vor:
Die Richtlinie stellt drei Kriterien für
die Bestimmung der Arbeitszeit auf, nämlich
- dass der Arbeitnehmer arbeitet,
- dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und
- seine Tätigkeit ausübt.
Der Generalanwalt vertritt die Meinung, dass im Fall des Herrn
Jaeger die ersten beiden Kriterien erfüllt sind, sodass
die für die meisten Fälle maßgeblichen Bedingungen
für die Einstufung als Arbeitszeit erfüllt sind.
Zwar sind diese drei Kriterien entsprechend den nationalen
Gepflogenheiten anzuwenden, dies bedeute aber nicht, dass
ein Mitgliedstaat die Auffassung vertreten könne, dass
ein Arzt, der einen Bereitschaftsdienst verrichte, in Zeiten,
in denen er untätig sei und darauf warte zum Einsatz
gerufen zu werden, dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung
stehe.
Außerdem trage der Umstand, dass dem Arzt ein Bett zur
Verfügung stehe dazu bei, dass er die Patienten angemessen
versorgen könne
Daher vertritt der Generalanwalt die Auffassung,
dass es sich beim Bereitschaftsdienst, den ein Arzt in einem
Krankenhaus leistet, in vollem Umfang um Arbeitszeit im Sinne
der Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
handelt. Somit könnten Zeiten der Untätigkeit nicht
als Ruhezeiten eingestuft werden.
Die Rechtssache ist derzeit in Beratung: Das
Urteil des EUGH wird demnächst erwartet.
Schlussanträge des Generalanwalts Damaso
Ruiz-Jarabo vom 08.04.2003 - C-
151/02
Mag. Doris Hromatka, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Gerold Beneder <--
Oberster Gerichtshof verschärft Rechtsprechung gegen
Gewinnzusagenunternehmen
Die vorliegende Entscheidung ist, soweit überblickbar,
erst die zweite Entscheidung des OGH zur materiellen Berechtigung
eines Gewinnzusagenanspruchs. In der vorliegenden Entscheidung
wurde nun die Rechtsprechung des OGH zum Schutz der Verbraucher
betreffend Gewinnzusagenunternehmen neuerlich verschärft.
Entgegen der Meinung des Instanzgerichtes wurde die außerordentliche
Revision zugelassen und entgegen der Meinung der Gerichte
erster und zweiter Instanz dem Verbraucher der Betrag von
€ 25.000,-- aus der Gewinnzusage zugesprochen.
In der Sache selbst befanden sich die Teilnahmebedingungen
auf der Innenseite des Kuverts und verwies das Gewinnzusagenunternehmen
auf einen Notar. Hinweise auf Teilnahmebedingungen waren lediglich
an untergeordneter Stelle angebracht. Dafür wurde dem
Konsumenten mitgeteilt, dass seine Gewinnnummer nach dem Zufallsprinzip
vom Computer ermittelt wurde und er seinen Gewinn mit niemandem
teilen müsse. Der OGH betonte nochmals, dass es bei der
Auslegung der Gewinnzusage auf einen durchschnittlich qualifizierten
Erklärungsempfänger ankommt.
Nach Meinung des OGH genügt es, wenn der
Verbraucher es für ernstlich möglich hält,
dass er der Gewinner ist, wenn die Gewinnzusage unklar oder
verwirrend formuliert ist. An untergeordneter Stelle verwendete
Formulierungen wie "Vielleicht gehören die €
25.000,-- schon in kurzer Zeit Ihnen" oder "Dann
sind Sie potenzieller Gewinner" können das Gewinnzusagenunternehmen
nicht befreien, da es auf den Gesamteindruck der Urkunden
ankommt und es für den Adressaten nicht erkennbar ist,
in welchen Sätzen das werbende Unternehmen die "maßgeblichen"
Informationen untergebracht haben will.
Nach Meinung des OGH sollen nur solche Zusendungen
vom Anwendungsbereich des § 5j KSchG ausgenommen werden,
die von vornherein keinen Zweifel offen lassen, dass es sich
um ein Preisausschreiben handelt. Pointiert bringt der OGH
seine Auffassung zu Gewinnzusagen mit folgendem Satz zum Ausdruck:
"Es verwundert, wenn sich die beklagte
Partei nun gerade dagegen wehrt, dass sich ein angesprochener
Kunde auf den Standpunkt stellt, er habe durch die Zusendung
gerade jenen Eindruck - nämlich den, gewonnen zu haben
- erlangt, den die beklagte Partei ersichtlich hervorrufen
wollte."
Das vorliegende Urteil ist aus der Sicht der
Verbraucher uneingeschränkt zu begrüßen.
OGH vom 28.2.2003, 1 Ob 303/02 <--
Verdeckte Videoüberwachung eines Arbeitnehmers
Der Beklagte installierte, nachdem jahrelang
steigende Inventurdifferenzen nicht ausfindig gemacht werden
konnten, verdeckte Videokameras im Kassen- und Leergutbereich
seines Getränkemarktes. Aus den Aufnahmen ging hervor,
dass die spätere Klägerin unter dringendem Verdacht
stand, Gelder unterschlagen zu haben. Der Beklagte hörte
die Klägerin an und entschloss sich, nach Einholung der
Zustimmung des Betriebsrates, die Klägerin fristlos zu
entlassen bzw. hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Die
Klägerin bestritt die Anschuldigungen und meinte, dass
die heimlich gemachten Videoaufnahmen nicht als Beweismittel
verwendet werden dürften. Darüber hinaus sei der
Betriebsrat nicht vor der Anbringung der Kameras informiert
worden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung
der Klägerin beim Landesarbeitsgericht wurde zurückgewiesen.
Die Revision beim deutschen Bundesarbeitsgericht
hatte ebenfalls keinen Erfolg. Es wurde festgestellt, dass
die heimliche Überwachung mit Videokameras einen Eingriff
in das gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht
darstellt. Besondere Umstände könnten jedoch den
Eingriff rechtfertigen. Natürlich gelte trotzdem der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In gegenständlichen
Fall rechtfertigten die heimlich begangenen strafbaren Handlungen
den Eingriff. Es bestand ein hinreichend konkreter Verdacht,
der nicht oder nur schwer auf andere Weise hätte geklärt
werden können. Dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates
bei der Installation verletzt wurde, führe nicht zu einem
Verwertungsverbot im Prozess, weil dieser in Kenntnis des
Beweismittels der Kündigung zugestimmt hatte.
BAG, Urteil vom 27.3.2003 - 2 AZR 51/02
Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei
Mag. Beneder
Rufdatenermittlung zulässig gegen Journalisten, der mit
Straftätern in Kontakt steht.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht
hat im März dieses Jahres die von einigen Journalisten
erhobenen Verfassungsbeschwerden betreffend die Verfassungswidrigkeit
der Erteilung von Auskünften über die Verbindungsdaten
ihrer Telefongespräche zurückgewiesen.
Von den Journalisten wurde angenommen, dass sie in Kontakt
mit mutmaßlichen Straftätern standen. Im Einzelnen
ging es um folgende Sachverhalte: Zwei Journalisten recherchierten
für die ZDF-Sendung "frontal" im Fall des Dr.
Jürgen Schneider, der weltweit wegen zahlreicher Wirtschaftsstrafdaten
gesucht wurde. Die Journalisten gelangten während ihrer
Untersuchungen in den Besitz eines Tonbandgerätes, auf
der sich Dr. Schneider zu den gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren
äußerte. Um Aufschlüsse über den Aufenthaltsort
des damals noch flüchtigen Beschuldigten zu erhalten,
ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft
und auf Grundlage des § 12 FAG an, dass die Telekom Auskunft
über die Verbindungsdaten für einen Mobilfunkanschluss
des ZDF zu erteilen habe.
Der andere Fall betraf eine Journalistin, die
im Fall des Hans-Joachim Klein, der als Mittäter an einem
terroristischen Anschlag der RAF auf die OPEC-Konferenz im
Jahre 197 verdächtigt wurde, berichtet hatte .Die Staatsanwaltschaft
erhielt Hinweise, dass die Journalistin erneut recherchiere
und mit Kein in Kontakt stehen könne. Auch in diesem
Fall wurde auf Grundlage des § 12 FAG angeordnet, Auskunft
über die Verbindungsdaten zu erteilen, wodurch Klein
gefasst werden konnte.
Die Entscheidung stützt
sich auf folgende Gründe: Grundsätzlich sei es Sache
des Gesetzgebers, im Zuge einer Abwägung zu klären,
inwieweit das Strafverfolgungsinteresse gegenüber dem
Interesse der Medien an der Geheimhaltung ihrer Recherchen
zurücktreten soll. Zwar stellt die angeordnete Auskunftserteilung
über die Verbindungsdaten der Kommunikation einen Eingriff
in das Fernmeldegeheimnis des Art 10 Abs. 1 GG dar, dieser
sei aber durch § 12 FAG gerechtfertigt. Die Anordnung
habe dem legitimen öffentlichen Zweck der Aufklärung
und Verfolgung schwerer Straftaten gedient und wäre geeignet
gewesen, den Aufenthaltsort der gesuchten Beschuldigten in
Erfahrung zu bringen. Es sei kein milderes, die Beschwerdeführer
weniger belastendes Mittel ersichtlich.
Ein derart schwerwiegender Eingriff in das Fernmeldegeheimnis
sei nur dann verhältnismäßig, wenn die Gegenbelange
entsprechend wichtig sind. Vor allem müsse die Straftat
von erheblicher Bedeutung sein, es müsse ein konkreter
Tatverdacht bestehen und es müsse eine sichere Tatsachenbasis
für die Annahme bestehen, dass der durch die Anordnung
Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen
in Verbindung steht. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen
haben die Gerichte in den Ausgangsverfahren als gegeben angesehen.
Der Richtervorbehalt sei ebenfalls beachtet worden.
Auch sei die Einordnung der Beschwerdeführer als Nachrichtenmittler
zutreffend. Allerdings müssen immer konkrete Anhaltspunkte
für eine Kontaktaufnahme zwischen Journalisten und Verdächtigem
gegeben sein.
BverfG, Urteil vom 12.3.2003 - 1 BvR
330/96
Mag. Doris Hromatka <--
Pflicht des Dienstherrn zur Nennung von Personen, die einen
Beamten der Korruption bezichtigt haben
Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat im
Februar diesen Jahres eine wichtige Entscheidung zur Vorgehensweise
bezüglich eingehender Hinweise aus der Bevölkerung
getroffen. Wird nämlich ein Beamter - nachweislich wider
besseren Wissens oder leichtfertig - der Korruption bezichtigt,
so ist dessen Dienstherr verpflichtet, dem Beamten den Denunzianten
zu nennen. Dies auch dann, wenn dem Informanten Vertraulichkeit
zugesichert wurde.
Diese Entscheidung gründet sich auf einen
Fall, der sich 1995 zugetragen hat. Eine Personaldezernentin
eröffnete dem Sachbearbeiter der Führerscheinstelle,
dass es Hinweise aus der Bevölkerung gebe, er hätte
Fahrerlaubnisse gegen Geld erteilt. Es wurde ein Disziplinarverfahren
eingeleitet. Der Verdacht eines Dienstvergehens konnte jedoch
nicht aufrecht erhalten werden. Vergeblich ersuchte der Beamte
seinen Dienstherrn um Bekanntgabe des Informanten. Auch die
Bitte, der Dezernentin für ein staatsanwaltschaftliches
Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung
eine Aussagegenehmigung für die Namensnennung zu erteilen,
blieb unerfüllt.
Die Sache wurde nun vom Bundesverwaltungsgericht
an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Wenn ein
Informant einen Beamten leichtfertig oder wider besseres Wissens
beschuldigt, müsse das Interesse des Dienstherrn, aus
der Bevölkerung vertrauliche Hinweise zur Korruptionsbekämpfung
zu erhalten, zurücktreten. Ob dies zutrifft, wird nun
das Oberverwaltungsgericht, in einem besonderen Verfahren
unter Ausschluss der Parteien, festzustellen haben.
BverwG vom 27.2.2003 - 2 C 10/02
Elisabeth Schmidl
Stärkung der Rechtsposition des einfachen Nebenintervenienten
"Auch dem nicht streitgenössischen
Nebenintervenienten sind Ausfertigungen der in dem Verfahren,
dem er beigetreten ist, ergangenen Entscheidungen wie der
Hauptpartei zuzustellen. Die ihm offen stehende Rechtsmittelfrist
beginnt mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung."
Mit diesem Rechtssatz des verstärkten Senats
vom 13.12.2002 geht der Oberste Gerichtshof von seiner bisherigen
Rechtssprechung ab. Nach ständiger Rechtsprechung konnte
der Nebenintervenient nämlich nur innerhalb der der Hauptpartei
offen stehenden Frist ein Rechtsmittel erheben. Es wurde auch
wiederholt ausgesprochen, dass dieser auch kein Recht auf
Zustellung einer Entscheidungsausfertigung oder einer Rechtsmittelfrist
hat. Angesichts dessen, dass sich aber die Wirkung materiell
rechtskräftiger zivilgerichtlicher Urteile auch auf etwaige
Regressprozesse auswirkt, war dies problematisch. Probleme
traten z.B. dann auf, wenn die Hauptpartei den Nebenintervenienten
erst einige Zeit nach Zustellung der Entscheidung darüber
in Kenntnis gesetzt hat und dadurch die Frist zur Rechtsmittelerhebung
verkürzt hat. Behauptungen, dass in der verkürzten
Frist nicht alle Gründe ermittelt und ins Treffen geführt
werden konnten, waren dem Prozessalltag keineswegs fremd.
Der verstärkte Senat des OGH entschied
nun, dass die Entscheidung dem Nebenintervenienten selbst
dann zuzustellen ist, wenn er erst im Rechtsmittelverfahren
beitritt. Sofern die Frist für die Hauptpartei noch nicht
abgelaufen ist, wird die Rechtsmittelfrist für ihn erst
durch diese Zustellung in Gang gesetzt. Dies stehe weder dem
Wortlaut noch dem Sinngehalt des § 19 Abs. 1 erster Satz
ZPO entgegen. Weiters führt der Senat in seinen Entscheidungsgründen
aus, dass es schon mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung
und dem Recht auf ein faires Verfahren nicht zu vereinbaren
sei, den Beginn der Rechtsmittelfrist für den Nebenintervenienten
an die Zustellung an die Hauptpartei zu binden.
OGH vom 13.12.2002 - 1 Ob 145/02h
Elisabeth Schmidl <--
Vergaberecht:
Schlussantrag des Generalanwaltes Jean Mischo, Fritsch, Chiari
& Partner, Ziviltechniker GmbH u.a. gegen Asfinag
Vom Sachverhalt her hat der Bieter zwar das
Bundesvergabeamt, nicht jedoch vorher die Bundesvergabekontrollkommission
angerufen.
Der Auftraggeber (Asfinag) hat deshalb argumentiert,
dass mangels Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten
der Bieter in Wahrheit kein ausreichendes Interesse an diesem
Auftrag hatte, da er ansonsten sämtliche Möglichkeiten
der Durchsetzung seines Anbotes ausgeschöpft hätte.
Der Generalanwalt kann diesen Ausführungen
nicht folgen und hält fest, dass aus den EU-Richtlinien
nicht folgt, dass ein Unternehmen nur dann ein Interesse an
einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat, wenn er zusätzlich
zur Teilnahme am Vergabeverfahren alle ihm gemäß
den nationalen Rechtsvorschriften zur Verfügung stehenden
Maßnahmen ergreift, um das Anbot eines anderen Bieters
zu verhindern und dadurch die Zuschlagserteilung auf sein
eigenes Anbot herbeizuführen.
Der Generalanwalt hält jedoch fest, dass
es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen bleibt, in Übereinstimmung
mit den EU-Richtlinien festzulegen, dass ein Bieter nur dann
ein Interesse an einem Auftrag hat, wenn er zusätzlich
zur Teilnahme am Vergabeverfahren alle ihm gemäß
seiner nationalen Rechtsvorschriften zustehenden Maßnahmen
ergreift. Im gegenständlichen Fall ist der Generalanwalt
auch noch der Auffassung, dass zu prüfen ist, ob es dem
Bieter zumutbar gewesen ist, die Bundesvergabekontrollkommission
anzurufen.
Schlussantrag vom 25.2.2003,
Rechtssache C-410/01 <--
Antrag Argentiniens auf Erlass einstweiligen Rechtsschutzes
wegen Staatsnotstand ohne Erfolg
Die Republik Argentinien beantragte erfolglos
beim LG Frankfurt a.M. einstweiligen Rechtsschutz aufgrund
durch Zahlungsunfähigkeit verursachten Staatnotstands
in Hinblick auf eine möglicherweise positiv entschiedene
Zahlungsklage gegen die Republik Argentinien.
Argentinien berief sich dabei auf Verletzung
des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz sowie auf das Recht
auf den gesetzlichen Richter. Die Republik argumentierte,
dass das Bestehen einer anerkannten völkerrechtlichen
Notstandsregel außer Acht gelassen worden sei und somit
eine Vorlage an das BverfG unterblieb.
Die Entscheidung stützt sich auf folgende
Gründe. Das Ergreifen eines anderen Rechtsmittels sei
nicht von vorneherein aussichtslos. Vielmehr hätte Argentinien
im normalen Rechtsweg das Landgericht aufmerksam machen müssen,
dass eine Vorlagepflicht an das BVerfG besteht. Zudem wurde
vorbeugender Rechtsschutz gegen eine noch nicht ergangene
Entscheidung als nicht notwendig erachtet, da der Antragstellerin
auch nach positiver Entscheidung des Verfahrens noch weitere
Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, um eine drohende
Vollzugshandlung abzuwenden.
BverfG, Beschluss vom 13.2.2003 –
BvQ 3/03
Mag. Sonja Raus <--
Richtungsweisende Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes
zu Gewinnzusagen
Der deutsche Bundesgerichtshof bejaht für
eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB die Zuständigkeit
am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers entweder aufgrund der
internationalen Zuständigkeit für Verbrauchersachen
oder aus unerlaubter Handlung.
Mit der Entscheidung vom 11.7.2002 hat der Europäische
Gerichtshof bereits die Zuständigkeit am Wohnsitz des
Verbrauchers ausdrücklich bejaht, wenn die Gewinnzusage
von einer Warenbestellung abhängig gewesen ist.
Im nun beim Bundesgerichtshof anhängigen
Verfahren hatte der Verbraucher keine Warenbestellung durchgeführt
und war auch nicht ersichtlich, dass eine Warenbestellung
zwingende Voraussetzung für die Gewinnzusage gewesen
ist.
Der deutsche Bundesgerichtshof erachtet ein
Vorabentscheidungsverfahren für entbehrlich, da die richtige
Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, dass
für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt. Auch die
überwiegende Anzahl der österreichischen Gerichte
bejaht die inländische und örtliche Zuständigkeit
am Wohnsitz des Verbrauchers.
Da sich der österreichische § 5j KSchG
mit § 661a BGB fast wortgleich deckt und die internationalen
Vorschriften im europäischen Raum dieselben sind, ist
daher davon auszugehen, dass auch der Oberste Gerichtshof
zu einer verbraucherfreundlichen Entscheidung kommen wird.
(Urteil des BGH vom 28.11.2002, III ZR 102/02) <--
Baurecht Niederösterreich und
Wien
CD-ROM, 3. Auflage 2002, MANZ Verlag, € 89,--.
Das vorliegende Werk ist ein sympathischer Arbeitsbehelf
für den Baurechtler. Die Installation erfolgt problemlos.
Die Arbeitsmaske ist in drei übersichtliche Gebiete strukturiert:
Gesetze, Judikatur und Literatur. Oben befindet sich der Button
„Niederöstereichische und Wiener Gesetzesmaterialien“.
In der Mitte ist der Judikatursektor, wo sich hinter den bekanntesten
Begriffen und Schlagworten wie etwa „Nachbarrecht“,
„Parteistellung“, „Bauverbot“ etc.
Bezug habende Judikatur befindet. Die Erkenntnisse sind chronologisch
geordnet mit einem allenfalls vorhandenen Fundstellenachweis.
Es ist sicher vorteilhaft für den besseren
Überblick, wenn die Erkenntnisse nur in Rechtssatzform
vorliegen. Den Volltext muss man sich dann allerdings entweder
über das RIS oder entsprechende CD-ROM des VwGH besorgen.
Die Abfragemaske weist unten einen Literatursektor
auf, wo 20 baurechtlich relevante Kurzveröffentlichungen
aus letzter Zeit zusammengefasst sind. So beispielsweise eine
Risikocheckliste für Altlasten bei Liegenschaften oder
eine Veröffentlichung von Krejci zur Vertragsstrafe im
Bauvertrag.
Besonders benutzerfreundlich ist die Volltextsuchfunktion,
die naturgemäß das effiziente Auffinden der entsprechenden
Gesetzesbestimmungen sowie Entscheidungen gewährleistet.
Zusammenfassend ist sohin die rezensierte CD-ROM ein effizienter
und Kosten sparender Arbeitsbehelf bei der Lösung baurechtlicher
Probleme. <--
Handbuch Bauvertrags- und Bauhaftungsrecht
Band I: Rechtssicher planen und Verträge
schließen,
Band II: Rechtssicher bauen.
Von Manfred P. Straube, Josef Aicher
(Hrsg), unter Mitwirkung der Autoren Josef Aicher / Hans Gölles
/ Brigitte Gutknecht / Georg Karasek / René Kempf /
Walter Lattenmayer / Reinhold Moritz / Manfred P. Straube.
Verlag Manz, Stand 1.6.2002,
Lose-Blatt-Sammlung. Band I € 138,--,
Band II € 148,--.
Das vorliegende Werk wurde von einem hochkarätigen
Autorenteam und von Praktikern für Praktiker erstellt.
Soweit bekannt, handelt es sich um die kompakteste Sammlung
aller rechtlichen Materien in Zusammenhang mit dem Bauvertragsrecht.
Die Gliederung der einzelnen Kapitel ist wohl durchdacht.
In formeller Hinsicht ist festzuhalten, dass der Aufarbeitung
der Materie ein Inhaltsverzeichnis und Schlüsselfragen
vorangestellt sind, die die häufigsten Probleme und Fragen
in Zusammenhang mit der behandelten Materie aufwerfen. Besonders
wohltuend sind vereinzelt vorliegende Checklisten etwa zum
Bauvertrag oder Vertragsmuster, z. B. eines Arbeitsgemeinschaftsvertrages
oder eines Architektenvertrages. Zu diesen Musterverträgen
ist festzuhalten, dass fallweise in Fußnoten die Vor-
und Nachteile einzelner Klauseln noch kurz erläutert
werden. Diese Hinweise sind für Kollegen, die derartige
Verträge seltener entwerfen, als Denkanstöße
sehr hilfreich.
Ich habe zwar gegen Lose-Blatt-Sammlungen eine
gewisse Abneigung, empfinde sie jedoch beim vorliegenden Werk
eher als Vorteil. So konnten die Novellen zum Gewährleistungsrecht
und die neue ÖNORM B 2110 in der Fassung ab dem 1.3.2002
mühelos in das Werk integriert werden.
In den beiden Bänden werden klassische
Probleme des Baurechts wie zB Probleme in Zusammenhang mit
Arbeitsgemeinschaften (Probleme der Aktiv- und Passivlegitimation
im Bauprozess), des Baugrundrisikos, der Übernahme des
Werkes und der Mehrleistung behandelt genauso wie eher exotische
Aspekte des Bauwerkvertrages wie die Bauwesen- und Bauhaftpflichtversicherung
sowie die Wohnbauförderung.
Band I befasst sich mit dem Architektenvertrag,
dem Bauwerkvertrag, der Versicherung, der Problematik von
Generalunternehmer und Subunternehmer, der Bau-ARGE, der Wohnbauförderung
und der Baugenehmigung.
Band II behandelt die Bauleistung, die Baupreisbildung
und Baupreisanpassung, die Enteltvereinbarung und Sicherstellung,
die Mehrkostenansprüche bei Leistungsänderungen,
Behinderung, Pönale Verzug, Mängel, Gewährleistung
und Schadenersatz, Warnpflicht, Übernahme, Vertragsbeendigung,
Haftung gegenüber Dritten und die Durchsetzung der Ansprüche
im Bauprozess und im Schiedsverfahren.
Diese Aufzählung der einzelnen Kapitel ist zwar wenig
spannend, aber zur Darstellung der Kompaktheit des rezensierten
Werkes unerlässlich.
Als wesentlichster Eindruck nach Befassung mit
dem Buch verbleibt der, dass nahezu jedes Problem des Bauvertrags-
und Bauhaftungsrechts in verständlicher Form lösbar
dargestellt wird. Dieses Buch empfiehlt sich sohin nicht nur
für Juristen, sondern auch für sämtliche mit
der Bauwirtschaft befassten Berufe. <--
Die Textierung: "Rechtsanwalt zum Telefontarif!
Keine weitere Kosten...."
ist unsachlich marktschreierisch und der Seriosität
des Standes abträglich
"Rechtsanwalt zum Telefontarif! Keine weiteren Kosten!
Brauchen Sie Hilfe, Rat oder Rechtsinformationen? Ob Ehestreit,
Verwaltungsrecht, Strafrecht etc. Hier sind Sie richtig! Rufen
Sie einfach die Telefonnummer.........." stellt jedenfalls
eine
Verletzung der § 45 ff RL-BA dar, weil hier massiv ein
Anschein marktschreierischer oder sonstwie unsachlicher Anpreisung
von Dienstleistungen erfolgt, welcher der für den anwaltlichen
Berufsstand zu fordernden Seriosität krass zuwiderläuft.
<--
Geschäftszahl 13 Bkd 5/02
Norm RL-BA §45; RL-BA §46; RL-BA §47
Kostenersatz beim VwGH
Nehmen wir an, Sie waren nach einem langwierigen
und aufwändigen Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof
schlussendlich erfolgreich und der Bescheid wurde aufgehoben.
Man möchte somit meinen, dass Ihnen der entsprechende
Schriftsatzaufwand samt Barauslagenersatz zusteht. Stimmt,
jedoch mit einer Einschränkung: Für Rechtsanwälte
in eigener Sache trifft dies nicht zu. Ein Akt der Diskriminierung
von Rechtsanwälten? Weit gefehlt. Seit dem Erkenntnis
vom 5.9.1997, Slg. N.F. 14.726/A, steht dem Rechtsanwalt in
einem Verfahren in eigener Sache gemäß den §§
47 ff VwGG kein Schriftsatzaufwand zu. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof
in seiner Entscheidung vom 22.6.2001, GZ 2001/13/0012, neuerlich
bestätigt. Es liegt daher nahe, dass auch Rechtsanwälte
in eigener Sache sich vertrauensvoll an ihre Kollegen zur
rechtsfreundlichen Vertretung beim Verwaltungsgerichtshof
wenden. <--
Beschäftigung ausländischer LKW-Lenker bei österreichischem
Frächter
Grundlegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes
zur Beschäftigung ausländischer LKW-Lenker bei österreichischem
Frächter: VwGH 27.06.2002, 2002/09/0027.
Wesentlich ist demnach (bei der Prüfung, ob eine, wie
dort von der Behörde angenommen, Verletzung nach dem
Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtige
Arbeitskräfteüberlassung vorliegt), ob tatsächlich
„Arbeitskräfteüberlassung“ vorliegt
oder die Ausübung einer Tätigkeit durch einen „Unterfrachtführer“
(nämlich: einen Subunternehmer). Dazu ist wesentlich,
ob der (hier: ungarische LKW-Fahrer) bei der Durchführung
der Transporte organisatorisch in den Betrieb der österreichischen
Transportgesellschaft eingegliedert war. <--
Rechte und Pflichten eines Vorstandsmitglieds
Die gesetzlichen Rechte und Pflichten eines
Vorstandsmitglieds sind unmittelbare Rechtsfolgen der Bestellung,
ergeben sich aus dem AktG und sind zwingend, also auch durch
den Anstellungsvertrag nicht abänderbar.
Die (vertragliche) Einräumung einer solchen Rechtsstellung
an eine Person außerhalb eines Vorstandsmandats würde
ein zusätzliches Organ der Gesellschaft neben dem Organ
"Vorstand" schaffen, das in der Verfassung der Aktiengesellschaft
nicht vorgesehen ist. Dies ist mit dem zwingenden Charakter
der Bestimmungen des AktG über die Verfassung der Aktiengesellschaft
unvereinbar. <--
Geschäftszahl 4 Ob 163/02b
Norm AktG § 75
Keinen Devolutionsantrag in Disziplinarverfahren
Rechtssatz
In Verfahren vor den Rechtsanwaltskammern gibt
es keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iS
des § 4 Abs 2 AVG, welche aufgrund einer generellen Zuständigkeitsvorschrift
zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Verfügungen
der Organe der Selbstverwaltungskörperschaft allgemein
zuständig wäre und damit auch keine sachlich in
Betracht kommende Oberbehörde, auf welche die Zuständigkeit
zur Entscheidung gemäß § 73 Abs 2 AVG übergehen
könnte. In derartigen Verfahren findet das Allgemeine
Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 keine Anwendung; ein Antrag
auf Devolution der Entscheidung an die Oberste Berufungs-
und Disziplinarkommission ist daher nicht zulässig. <--
Geschäftszahl Bkv 2/02
Norm RAO allg; AVG §73; AVG §4 Abs2;
Schlussantrag der Generalanwältin des EuGH in der Rechtssache
C-244/00
(Markenrecht)
Gemäß der Gemeinschaftsrichtlinie
über Marken (89/104/EWG) ist ein Markenschutz dann erschöpft,
wenn der Markeninhaber selbst oder jemand anderer mit seiner
Zustimmung die Waren im EWR in Verkehr bringt.
Klagt der Markeninhaber einen Parallelimporteur
auf Unterlassung, so trifft nach deutschem Verfahrensrecht
den Parallelimporteur, wenn er sich auf Erschöpfung des
Markenschutzes beruft, die Beweislast dafür, dass der
Markeninhaber die Waren selbst in Verkehr gebracht hat.
Der Ansicht der Generalanwältin zufolge ist diese Beweislastregelung
gemeinschaftsrechtswidrig. Ein Händler kann zwar regelmäßig
darlegen, von wem er selbst die Ware erworben hat, nicht aber
von wem sein Lieferant sie bezogen hat usw. Aber selbst wenn
er die vollständige Absatzkette bis zum Markeninhaber
darlegen kann, wird das dazu führen, dass der Markeninhaber
die Lücke in seinem Vertriebssystem in Erfahrung bringt
und diese schließen kann. Somit würde der Händler
seine Bezugsquelle für die Zukunft verlieren. Gibt der
Parallelimporteur – um das zu verhindern – seine
Vorlieferanten nicht bekannt, so verliert er den Prozess.
Im Ergebnis erlaubt das dem Markeninhaber, die nationalen
Märkte voneinander abzuschotten. Dies wäre eine
Beschränkung des freien Warenverkehrs.
Eine bessere Lösung wäre laut Generalanwältin
eine Teilung der Beweislast. Der Markeninhaber müsse
die Lückenlosigkeit seines Vertriebssystems in der EU
darlegen. Sollte ihm das gelingen, so ist davon auszugehen,
dass die Waren eines Parallelimporteurs von außerhalb
des EWR stammen und das Recht aus der Marke daher nicht erschöpft
ist. <--
Mag. Andreas Pscheidl, RA Kanzlei Mag. Gerold
Beneder
Bahnbrechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
betreffend grenzüberschreitender irreführender Gewinnzusagen
In den letzten Jahren haben sich etwa 50 Gewinnzusagenunternehmen
etabliert, welche den europäischen Raum mit irreführenden
Gewinnzusagen überschwemmt haben. Der österreichische
Gesetzgeber hat auf dieses Problem reagiert und die Bestimmung
des § 5j KSchG geschaffen, welche Verbrauchern die Möglichkeit
bietet, diese Gewinne einzuklagen.
Wirklich effizient durchführbar war dies
bis heute jedoch nur bei Gewinnzusagenunternehmen mit Sitz
in Österreich, da sämtliche grenzüberschreitenden
Verfahren beim Obersten Gerichtshof unterbrochen worden sind,
da die Zuständigkeitsfrage und die Frage des anzuwendenden
Rechts nicht geklärt waren. Es war für einen Rechtsanwalt
nur sehr schwer, seinem Mandanten zu erklären, dass diese
Frage seit mehr als zwei Jahren beim Europäischen Gerichtshof
einer Überprüfung unterzogen wird.
Die lange Wartedauer hat sich jedoch nunmehr
für die Verbraucher ausgezahlt. Der Europäische
Gerichtshof hat in seiner bahnbrechenden Entscheidung vom
11.7.2002 klargestellt, dass frustrierte grenzüberschreitende
Gewinnzusagen am Gericht des Wohnsitzes des Verbrauchers nach
österreichischem Recht eingeklagt werden können.
Der Oberste Gerichtshof hält fest, dass der Verbraucher
in einer schutzwürdigen Position ist und daher ein Interesse
der Rechtspflege besteht, dass ein und dasselbe Gericht mit
allen Streitfragen in Zusammenhang mit einem Vertrag befasst
wird.
Gemäß Artikel 16 Abs. 1 der Brüssel
1 Verordnung, welche das Europäische Gerichts- und Vollstreckungsübereinkommen
ersetzt hat, sind nun grenz-überschreitende Gewinnzusagen
aus dem europäischen Raum vor österreichischen Gerichten
einklagbar.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Konsument wirtschaftliche
Aufwendungen gehabt hat im Zuge der Gewinnanforderung, etwa
durch eine Warenbestellung. Dasselbe wird wohl auch gelten,
wenn der Konsument einen Organisationsbeitrag oder eine gebührenpflichtige
Mehrwertnummer benutzt hat, um den Gewinn anzufordern. <--
Anwaltliches Zurückbehaltungsrecht und Pfandrecht
Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwalts
Das anwaltliche Zurückbehaltungsrecht und
Pfandrecht besteht nur an Bargeld, das Dritte für den
Mandanten erlegt haben, nicht auch an Geldern, die der Mandant
selbst seinem Rechtsanwalt übergeben hat.
Die Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwaltes unterliegt neben
den ihm durch §19 RAO eingeräumten Rechten den allgemeinen
Regeln des bürgerlichen Rechts. §1440 Satz2 ABGB
steht der Aufrechnung seiner Honorarforderung mit einem Treuhanderlag
entgegen. <--
OGH vom 18.4.2002, 6 Ob 16/02z
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