Bahnbrechendes Urteil des Handelsgerichts Wien Unternehmen haftet für Anmietung und Betrieb eines Postfachs im Zusammenhang mit Gewinnzusagen

Das Handelsgericht Wien hat einem Wiener Kläger aus einer Gewinnzusage € 30.250,– samt Zinsen und € 4.400,– an Kosten zugesprochen. Neu an dieser Angelegenheit ist, dass der § 5j KSchG nunmehr § 5c KSchG heißt. Das Gewinnzusagenunternehmen argumentierte damit, dass der Verbraucher zum Unternehmer mutiert wäre, nur weil er mehrere Gewinnzusagen gegen verschiedene Unternehmen einklagt. Hiefür hatte das Gericht kein Verständnis.

In der Gewinnzusage wurde der Kläger aufgefordert, eine bescheidene Beteiligung von € 40,– zu überweisen und einen Prioritätszuschlag von € 5,–. Weiters sollte der Kläger für die Übermittlung eines Schecks in der Höhe von € 1.500,– weitere € 40,– bezahlen. Diese Aufforderungen scheinen im Hinblick auf die kürzlich erfolgte Verurteilung eines bekannten Gewinnzusagenunternehmers rechtlich äußerst bedenklich.

Das beklagte Unternehmen ist in den Niederlanden ansässig und heißt „DMI Service Niederland BV“. Aus der Sicht des Gerichtes lässt die Formulierung, „dass der genannte Gewinner mit absoluter Sicherheit seinen Bankscheck in der Höhe von € 28.700,– per Einschreiben mit Rückschein an seine Adresse erhält, sobald er den Gewinn anfordert“, keinen Zweifel am Bindungswillen und an der Verbindlichkeit der Gewinnzusage gem § 5c KSchG. Bahnbrechend ist die zutreffende Rechtsauffassung des Gerichts, dass das Unternehmen hafte, wenn es im Zusammenhang mit Gewinnzusagen ein Postfach einrichtet und betreibt (Urteil S 9 Mitte).

Es kommt nicht darauf an, wer physisch die klagsgegenständliche Gewinnzusage an den Verbraucher gesandt hat, sondern relevant ist ausschließlich, wer derjenige ist, der sich aus der erhaltenen Gewinnzusage als zusagende Person ergibt. Im hier vorliegenden Fall ist die beklagte Partei unter dem Namen „Baroness de Rothman“ aufgetreten. Die beklagte Partei behauptete, dass sie das Postfach an ein Unternehmen in Kiew weitervermietet habe. Auch das vermag das Gericht nicht zu überzeugen, da es von einer Mittäterschaft nach schadenersatzrechtlichen Normen und von einer Haftung gem § 18 UWG ausgeht (Urteil S 9 unten). Abschließend moniert das Gericht noch, dass das angegebene Unternehmen in Kiew den Firmennamen des Gewinnzusagenunternehmens nur in anderer Reihenfolge trägt.

Das Urteil ist uneingeschränkt zu begrüßen, da die ohnehin schon strenge Judikatur zu Gewinnzusagen neuerlich verschärft wurde. Genauso wie ein Busunternehmer haftet, der mit Gewinnzusagen operiert, haftet nun jedes Unternehmen, welches im Zusammenhang mit Gewinnzusagen Postfächer anmietet und betreibt. Die Judikatur ist im Sinne der Intention des Gesetzgebers auch konsequent, da jede Beteiligung an der unredlichen Praxis von Gewinnzusagen zu einer Haftung der beteiligten Unternehmen führt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; offen bleibt, ob das beklagte Unternehmen das Rechtsmittel der Berufung ergreift.

Urteil des HG Wien, 18 Cg 60/14h <--

Mutige Verbraucher wehren sich gegen Gewinnzusagenunternehmen und erhalten € 5.000,-- an Kapital zuzüglich Kosten

Ab und zu macht sich Mut auch bezahlt. Zwei Verbraucher ließen sich eine Gewinnzusage der Diamant Haushaltswaren GmbH nicht gefallen und klagten auf eigene Kosten. In der Gewinnzusage waren Formulierungen enthalten wie zB „Unglaublich, aber wahr! Sie können endlich den bisher versprochenen Bargeldgewinn erhalten.“

Das Unternehmen distanzierte sich ausdrücklich von Veranstaltern, die nie die Absicht gehabt haben, den Gewinn an Personen auch auszubezahlen. Es wurde sogar die Hilfe angeboten, älteren Gewinnern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dies nahmen die beiden Verbraucher beim Wort.

Die Klage wurde eingebracht, und die herannahende mündliche Gerichtsverhandlung veranlasste das Unternehmen, beiden Verbrauchern je € 2.500,-- an Kapital zuzüglich Kosten auszubezahlen. Beide Verbraucher haben keine Rechtsschutzversicherung und gingen das Risiko nach ausführlicher Belehrung auf eigene Kosten ein. Es handelt sich sohin um ein außergewöhnliches Beispiel von zwei mutigen Verbrauchern, die sich die Unsitte der Versendung von Gewinnzusagen nicht mehr gefallen lassen und mittels erfolgreicher Klagen diesem Unternehmen Einhalt gebieten.<--

Entscheidungsbesprechung

betreffend das Urteil des Bezirksgerichts Korneuburg,
GZ 4 C 4 C 1485/10a vom 7.12.2011

Klage des Masseverwalters des Montessori Schulvereins
wird vom Bezirksgericht Korneuburg kostenpflichtig abgewiesen

Nun liegt bereits das Urteil vor betreffend des Montessori Schulvereins und die zahlreichen Missstände im Schulbetrieb, die zum Entzug des Öffentlichkeitsrechts und zum Konkurs geführt haben. Vom Gericht wird festgestellt, dass die Schule wahrheitswidrig als Montessori-Gymnasium angepriesen wurde. Weiters haben nicht angezeigte Personen unterrichtet und wurden Schüler wissensmäßig etwa zwei Jahre hinter jenen in Regelschulen unterrichtet. Besonders originell ist die Feststellung, dass im ersten Schuljahr für die Eltern ein von der Schulleitung ausgesprochenes Verbot bestanden hat, sich bei der Schülerin oder den Lehrern über den Schulerfolg zu erkundigen (Urteil S 5 unten). Die Eltern wurden in weiterer Folge systematisch über den Lernerfolg der Tochter von der Direktorin falsch informiert. Das Gericht bejaht die Kündigung des Schulvertrags aus wichtigem Grund.

Das Gericht betont die Glaubwürdigkeit der Aussage der Eltern und der einvernommenen Zeugen, insbesondere des Stadtschulrates. Neuerlich wurde festgestellt, dass die Direktorin versucht ist, die Schuld an den schulischen Problemen auf die Schülerin abzuwälzen. Das Gericht geht von unzureichendem Lernmaterial und unzureichender Schulorganisation aus. Das Urteil kritisiert, dass die Direktorin nicht den geringsten Fehler des Schulsystems eingestand, obwohl diese mehr oder weniger offenkundig gewesen sind. Das Urteil hält fest, dass die Direktorin sogar noch in der Verhandlung ausführte, dass es grundsätzlich kein Problem sei, wenn die Schülerin nach 23 Monaten eine einzige, nämlich die 6. Schulstufe noch nicht abgeschlossen hätte. Das Gericht geht davon aus, dass es den Eltern unzumutbar gewesen ist, ihr Kind in einer derartigen Schule unterrichten zu lassen. Das Gericht bejaht sogar einen von der Schulleitung verursachten Irrtum über das Fortbestehen des Öffentlichkeitsrechts.

Abschließend geht sohin das Gericht davon aus, dass nach der Kündigung der Eltern der Schule kein Schulgeld mehr zusteht. Das Urteil ist zu begrüßen. Es ist unerträglich, dass in Anbetracht der zahlreichen gravierenden Mängel zahlreiche Eltern sich mit Klagen betreffend des angeblich offenen Schulgelds herumschlagen müssen.

Die Beneder Rechtsanwalts GmbH wird auch weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun, um derartige unberechtigte Klagen abzuwehren.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. <--

Für Sie gelesen

Sie werden zu Recht sagen, ABGB-Kommentare gibt es viele. Warum soll ich nun einen weiteren, 4300 Seiten starken ABGB-Kommentar kaufen? Wenn man das Buch aufschlägt, fällt auf, dass die Seiten hauchdünn sind. Die Seiten sind so dünn, dass man sogar die Rückseite des jeweiligen Blatts mitlesen kann. Dies ist zwar einerseits beim Lesen unangenehm, andererseits jedoch führt dies dazu, dass eine gigantische Menge an Information in einem einbändigen Buch komprimiert ist. Das völlig Neuartige an diesem Buch ist, dass über den Zugang über die RDB und den dazugehörigen Zugang zum ABGB-Kommentar Online jedes Zitat, jeder Aufsatz und jede Entscheidung auf Knopfdruck abrufbar sind. Es gibt weiters viele interessante Suchoptionen, die eingeschränkt werden können auf den Normtext, die Literatur oder den Kommentartext. Dass man sich das mühsame Suchen und Ausheben von Entscheidungen und Artikeln sparen kann, ist die Innovation dieses Buchs. So kommt jeder auf seine Kosten: der Freund dar analogen Informationen und der digitalen Suchfunktionen.

Weiters handelt es sich, soweit überblickbar, derzeit um den einzigen wirklich aktuellen und umfangreichen Kommentar am Markt. Der Schwimann-Kommentar in der 3. Auflage, der von der Informationsmasse her vergleichbar ist, ist ja schon ein bisschen in die Jahre gekommen, genauso wie der Rummel-Kommentar. Es gibt zwar einige Anbieter ebenfalls komprimierter Kommentare wie zB Tades/Hopf, Kathrein/Stabentheiner, doch auch dieser datiert aus dem Jahr 2009, und der aktuelle Kommentar Koziol/Bydlinski/Bollenberger, 3. Aufl, stammt zwar aus 2010, ist aber vom Umfang des Werks her nicht vergleichbar.

Unerfreulich ist, dass die Kosten des Werks doch erheblich sind. Bei einem Anschaffungspreis von € 478,-- für das Buchexemplar samt Zugang zur RDB mit entsprechenden Kosten samt dem Preis pro Jahr für die Zugangsmöglichkeit auf ABGB-ON in digitaler Form von € 193,20 zuzüglich USt kommt schon ein erheblicher Betrag zusammen. Vorteil ist jedoch, dass die Onlineausgabe naturgemäß schneller aktualisiert wird als ein vergleichbarer ABGB-Kommentar in Buchform. Die Kombination von analoger Buchform und digitaler Datenbank ist jedoch für den Anwender überzeugend. Erfreulich wäre es, wenn der Verlag dem Anwender eine kostengünstigere Möglichkeit anbieten könnte.

Inhaltlich ist das Werk aktuell und vorbildlich. Die große Anzahl der Herausgeber liest sich wie das Who is Who der österreichischen Zivilrechtsspezialisten. Zusammenfassend ist sohin dem MANZ-Verlag ein großer Wurf gelungen, der dem Anwender große Informationsfülle und vorzügliche Aktualität bietet, wenn er bereit ist, die entsprechenden Anschaffungskosten und die jährlichen Kosten zu tragen. <--

Kletecka/Schauer (Hrsg),
„ABGB-ON“, Manz Verlag Wien 2010,
4300 Seiten, € 478,-.

 

KONSUMENTIN MUSS VERJÄHRTE MODELSEMINARKOSTEN AUCH WEGEN IRREFÜHRUNG NICHT BEZAHLEN

Das Bezirksgericht Fünfhaus hat in dem kürzlich zugestellten Urteil ein bahnbre-chendes Urteil gefällt: Der Fotograf begehrte einen Betrag von € 1.065,32 von der Konsumentin für die Teilnahme an dem Modelseminar. Die Konsumentin brachte vor, dass sie in den Geschäftsräumlichkeiten des Fotografen überrumpelt worden sei und den Vertrag sofort mündlich storniert hätte. Weiters focht sie den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Das Handelsgericht Wien hat bereits in im Urteil 19 Cg 72/03i und der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 106/05z die Geschäfts- und Gewerbepraktiken des Fotografen als sittenwidrig und irreführend qualifiziert. Der Fotograf trat unter anderem unter dem Namen „Fame und Superlook International“ auf. Er inserierte auch immer wieder in Tageszeitungen, dass Models für Kundenaufträge gesucht werden, und stellte beträchtliche Gagen in Aussicht. Die Konsumentinnen wurden zur Unterzeichnung einer sogenannten Modelvereinbarung überredet. Die Konsumentin unterfertigte unter Druck den Vertrag, wofür der Fotograf € 690,00 in Rechnung stellte. Der Fotograf stützte sich auch auf seine Internetpräsenz unter den Adressen www.fame.at und www.superlook.at, die beide zwischenzeitlich offline gegangen sind. Erlernt werden sollte in einem zweistündigen Seminar das korrekte Posieren vor der Kamera im Zuge eines Fotoshootings. Weiters sollten eine Fotomappe erstellt und Setkarten produziert werden. Schließlich klagte der Fotograf Kapital, Zinsen und Kosten ein. Das Begehren wurde zur Gänze kostenpflichtig abgewiesen mit folgender Argumentation:

Das Gericht hält fest, dass sich die Konsumentin zu Recht auf die Einrede der Verjährung stützt. Der Vertrag wurde nämlich bereits am 12.5.2005 abgeschlossen. Festzuhalten ist sohin, dass der Fotograf im hier vorliegenden Fall sich 4 1/2 Jahre Zeit ließ, bis er die Klage einbrachte. Das Gericht hält weiters fest, dass die Forderung, auch wenn sie nicht verjährt wäre, nicht zu Recht besteht. Der Fotograf hat es nämlich darauf abgesehen, der Konsumentin eine Karriere als Model zu suggerieren, zu deren Erlangung die Fotos unumgänglich wären. De facto wurden jedoch die wenigsten seiner Kundinnen und Kunden vermittelt. Dem Fotografen war daher klar, dass er falsche Hoffnungen erweckte, die zum Abschluss des klagsgegenständlichen Vertrages verleiten sollten. Der Fotograf veranlasste sohin einen Irrtum, der bei der Konsumentin einen Vertragsabschluss verursachte. Das Gericht bejaht sogar die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung.

Das Gericht hat sohin den Begehrlichkeiten eines Fotografen, der die Hoffnungen von jungen Konsumentinnen auf eine Modelkarriere auszunützen versucht, einen deutlichen Riegel vorgeschoben. Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein dahingehend, die Praktiken von findigen Unternehmen im Zusammenhang mit Modelseminaren und Fotomappen wirksam zu unterbinden. <--

Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus, GZ 6 C 22/10h, vom 3.12.2010, nicht rk

 

Spanisches Gewinnzusagenunternehmen wird rechtskräftig zur Zahlung von € 25.000,- samt Zinsen und Kosten verurteilt

Das Oberlandesgericht Wien hat neuerlich eindrucksvoll seine Abneigung gegen Gewinnzusagen aus dem Ausland ausgesprochen. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass sie € 25.000,-- in bar gewonnen habe und der Sekt schon kaltgestellt sei. Die Gerichte bejahten die Zuständigkeit des österreichischen Gerichts und gingen auch auf die neueste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Ilsinger ein. Soweit überblickbar, sprach das österreichische Gericht erstmals aus, dass die Gewinnzusage so abgefasst ist, dass sich europarechtlich aus der Gewinnzusage ein Vertrag ergibt. Das österreichische Gericht wäre sohin auch ohne Warenbestellung, die hier vorgelegen ist, zuständig gewesen.

Es bleibt sohin zu hoffen, dass dieses spanische Unternehmen seine Zusendungen an arglose österreichische Verbraucher nach dieser deutlichen Warnung einstellt. Ob die erhebliche Forderung im exekutiven Weg eingebracht werden kann, wird sich noch zeigen. <--

rk Urteil des OLG Wien 1 R 204/10t vom 28.10.2010

 

GEWINNZUSAGEN EINKLAGEN ZAHLT SICH DOCH AUS
Konsumentin klagt erfolgreich Gewinnzusage ein.

In letzter Zeit kann man immer wieder lesen, dass man Gewinnzusagen im Mistkübel entsorgen sollte, da die Durchsetzung ohnehin nicht möglich sei. Dass dem nicht immer so ist, hat nun eine Pensionistin bewiesen.

Ein Gewinnzusagenunternehmen schickte einer Konsumentin eine Gewinnzusage über € 2.661,--. Dort ist festgehalten, dass die Konsumentin zweifelsfrei als Gewinnerin eines Bargeldbetrages in der Höhe von € 2.661,- vom Notar bestätigt wurde. Weiters wurde die Konsumentin zu einer Ausflugsfahrt eingeladen.

Nach entsprechenden Aufforderungsschreiben über einen Rechtsanwalt wurde ihr mitgeteilt, dass es sich beim Betrag von 2.661,- nicht um Euro, sondern um weißrussische Rubel handeln soll. Der Wert dieses Betrages in weißrussischen Rubel beträgt ca € 1,50. Da dieser geringe Gewinn jedoch nicht in bar ausgezahlt wird, wurde ein Sachpreis angeboten.

Die Konsumentin gab sich jedoch mit dieser Begründung nicht zufrieden. Immerhin handelt es sich bei der Versenderung der Gewinnzusage um eine österreichische GmbH und war an anderer Stelle der Unterlage von einem Reisepreis in Eurobeträgen die Rede. Über die in Gewinnzusagenangelegenheiten versierte Beneder Rechtsanwalts GmbH wurde sohin die Klage eingebracht. Das Gewinnzusagenunternehmen hat noch vor der ersten Verhandlung Kapital, Zinsen und Kosten bezahlt.

Es hat sich sohin herausgestellt, dass die gerichtliche Geltendmachung von Gewinnzusagenansprüchen nicht nur zu positiven Urteilen, sondern auch zur tatsächlichen Auszahlung des Gewinns führen kann.
<--

Wien, am 17.1.2011

 

Bahnbrechendes Urteil betreffend Gewinnzusagenunternehmen:
BUSUNTERNEHMER HAFTET FÜR GEWINNZUSAGEN

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat mit dem kürzlich zugestellten Urteil ein bahnbrechendes Urteil gefällt: Erstmals wurde ein Busunternehmer zur Zahlung eines Gewinnzusagenbetrages samt Zinsen und Kosten verpflichtet. Die Geldübergabe sollte erfolgen in Verbindung mit einem Ausflug in den Nationalpark Neusiedlersee. Zehn Jahre lang sollte Monat für Monat an den Gewinner ein Betrag von € 1.000,00 ausbezahlt werden. Auf dem Programm stand ein Besuch im Shoppingcenter und eine Erlebnisfahrt beim Nationalpark Neusiedlersee. Die verständigte Gewinnerin wartete um 6 Uhr in der Früh am Rathausplatz zu ihrer Abholung zur angekündigten Gewinnübergabefeier. Bus kam freilich keiner. Auf der Gewinnzusage war kein anderer Absender als der Busunternehmer ersichtlich. Unter schwierigen Bedingungen konnte der Unternehmer, der hinter der Bezeichnung des Busunternehmens stand, ausgeforscht werden. Das Gericht stellte fest, dass der Erfolg der Werbefahrten an den Gewinnzusagen hing. Der Busunternehmer muss sich den Rechtsschein, die Gewinnzusage abgegeben zu haben, zurechnen lassen.

Der Verbraucherin wurden vorerst € 26.000, Zinsen, und nochmal mehr als € 6.000 Kosten zugesprochen. Das Urteil hat auch Auswirkungen betreffend die Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Gewinnzusagen bei Mitwirkung der Busunternehmen. Ein Busunternehmer, der bei einer Gewinnzusage mitwirkt, und auf der Gewinnzusage nur sein Name ersichtlich ist, muss damit rechnen, für die Gewinnzusage in die Haftung genommen zu werden. Das Urteil ist ein weiterer Meilenstein dahingehend, die Praktiken von findigen Unternehmen im Zusammenhang mit Gewinnzusagen wirksam zu unterbinden. <--

Rechtskräftiges Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien,
18 Cg 220/08t vom 30.3.2010




OBERSTER GERICHTSHOF VERPFLICHTET RECHTSSCHUTZVERSICHERER ZUR DECKUNG VON GEWINNZUSAGENPROZESSEN

Seit 5 Jahren verweigern die Rechtsschutzversicherer fast flächendeckend die Deckung von Gewinnzusagenprozessen.

Von dieser Vorgangsweise waren zahlreiche Verbraucher betroffen. Es kam daher zu zwei Musterprozessen, wo diese Frage einer Überprüfung des Obersten Gerichtshofes zugeführt werden sollte. Der erste Versuch misslang bedauerlicherweise und mündete in die Entscheidung 7 Ob 242/05x, wo sich der Oberste Gerichtshof mit dieser Frage letztendlich aufgrund des Verfahrensverlaufes nicht mehr auseinandersetzen musste. In der vorherigen Entscheidung 7 Ob 47/02s wendete die beklagte Versicherung nur die mangelnde Erfolgsaussicht ein, wehrte sich jedoch noch nicht grundsätzlich ge-gen ihre Deckungspflicht.

Im nun vorliegenden Urteil 7 Ob 17/08p setzt sich der Oberste Gerichtshof auf 45 Seiten nahezu wie in einer Monographie mit der Rechtsnatur und den unterschiedlichsten Lehrmeinungen zur obgenannten Rechtsfrage auseinander.

Die Versicherungswirtschaft hat sich in der Ablehnung der Rechtsschutzbegehren, insbesondere auf das Gutachten von Fenyves gestützt. Die Konsumentenschützer haben jahrelang gegen dieses Gutachten angekämpft und sind nun erfreulicherweise im Rechtsstreit mit der Versicherungswirtschaft erfolgreich geblieben.

Der Oberste Gerichtshof zieht die Unklarheitenregel des § 915 ABGB zu Gunsten des Versicherungsnehmers heran und führt aus, dass es die Versicherung unterlassen hat, eine gebotene Klarstellung in den AGB´s zu der bereits seit 1.10.1999 in Kraft bestehenden Bestimmung des § 5j KSchG vorzunehmen.

Ein durchschnittlicher Verbraucher konnte darauf vertrauen, dass gemäß § 5j KSchG ein schuldrechtlicher Vertrag iSd Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorliegt.

Infolge dessen wurde die Deckung bejaht und können die betroffenen Konsu-menten nun endlich ihre Gewinnzusagenprozesse mit Deckung der Rechtsschutzversicherung führen.

Die Entscheidung ist ordnungspolitisch und konsumentenschutzrechtlich äußerst zu begrüßen, da es nicht angeht, dass mangels Deckung der Rechtsschutzversicherer Gewinnzusagenunternehmen im In- und Ausland in Österreich ihr Unwesen treiben können.

Es empfiehlt sich jedoch, ein Blick in die jeweiligen AGB´s, ob die betroffene Rechtsschutzversicherung nicht schon zwischenzeitig in ihren AGB´s reagiert und Gewinnzusagenprozesse ausdrücklich ausgeschlossen hat. In Anbetracht der Ver-fahrensdauer zur Abklärung der hier vorliegenden Frage hatte die Versicherungswirtschaft ausreichend Zeit, in ihren AGB´s in weiser Voraussicht auf das nun vorliegende Urteil sich vorzubereiten. <--

Urteil vom 2. Juli 2008, 7 Ob 17/08p, OGH

 

Haftung des Reiseveranstalters
für tödlichen Wasserrutschenunfall

In der Presse wurden am 21.8.2006 unter der Überschrift “Baden auf eigene Gefahr“ einige Entscheidungen dargelegt, wobei die Benützer von Wasserrutschen selbst für ihr Verhalten zur Gänze oder zum Großteil haften.

Dass so eine Sache aber auch ganz anders ausgehen kann, zeigt die brandneue Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes vom 18.7.2006.

Ein 11jähriges Kind benützte bei einer Pauschalreise eine Wasserrutsche der Hotelanlage in Griechenland und geriet mit einem Arm in ein Absaugrohr. Das Absaugrohr war nicht mit einem Schutzgitter abgedeckt. Die Wasserrutsche hatte keine Baugenehmigung. Das Kind ertrank hilflos.

Gemäß dem Urteil des Bundesgerichteshofes trägt der Reiseveranstalter dahingehend eine Haftung, dass er zu überwachen hat, ob seine Vertragshotels über ausreichende Sicherheitsstandards verfügen.

Es half dem Reiseveranstalter nicht einmal, dass die Wasserrutsche im Katalog nicht ausdrücklich erwähnt war.

Der deutsche Bundesgerichtshof führt streng aus, dass es Aufgabe des Reiseveranstalters gewesen wäre, sich davon zu überzeugen, dass die Wasserrutsche behördlich genehmigt ist.

Das Gericht sprach den Eltern und den Geschwistern jeweils € 20.000,00 an Schmerzengeld zu, da die seelischen Störungen ein pathologisches Ausmaß erreicht haben und sohin ein Gesundheitsschaden vorliegt.

Dass dieses Urteil nicht lebensfremd ist, kann der Autor auch aus eigenen Wahrnehmungen bestätigen.

Auch bei seinem Urlaub, einer Pauschalreise, geriet ein Kind mit dem Rücken bei einer großen mehrbahnigen Wasserrutsche in einen Sog beim Schutzgitter der Absaugstelle, woraus sich das Kind nur in letzter Sekunde befreien konnte.

Am Rücken des Kindes waren Minuten nach dem Vorfall sogar noch die Löcher des Absauggitters ersichtlich.

Umsichtigen Eltern ist daher zu empfehlen, sich im Urlaubsort einmal die Wasserrutsche genau anzusehen und ihre Kinder auf allfällige Gefahrenquellen hinzuweisen.

Urteile aus Deutschland sind zwar in Österreich nicht unmittelbar anwendbar, es ist jedoch durchaus wahrscheinlich, dass im Falle eines gleichgelagerten Falles ein österreichisches Gericht die Argumentation des deutschen Bundesgerichtshofes folgt.

Österreichische Reiseveranstalter sind daher gut beraten, wenn sie sich davon überzeugen, dass allenfalls gefährliche Einrichtungen einerseits behördlich genehmigt sind und andererseits keine offensichtlichen Gefahrenquellen aufweisen.

Bundesgerichtshof vom 18.7.2006, GZ X ZR 142/05 <--

 

Für Sie gelesen. Scheidung kompakt, Ein Trennungsratgeber für Frauen und Männer.

Von Deixler-Hübner/Xell-Skreiner LexisNexis Verlag, Wien 2006, 144 Seiten, € 24,00

Von der Form des Buches besticht zunächst das handliche A5 Format und die sympathische Dicke von lediglich 144 Seiten.

Das Buch passt sohin problemlos in jede Handtasche und nimmt nicht vielmehr Platz weg als ein kleines Hochglanzformat. Erfrischend ist, dass die Autorinnen sichtlich bemüht sind, eine umfassende Beratung für beide Geschlechter abzudecken, es handelt sich sohin schon vom Titel her nicht um einen Scheidungsratgeber nur für Frauen der im Linde-Verlag von der geschätzten Kollegin Klaar erschienen ist.

Inhaltlich werden die Ehe, die Ehe in der Krise, die Lebensgemeinschaft, Unterhalt, Besuchsrecht, uva. familienrechtlichen Themen leicht verständlich und gut lesbar erörtert.

Kollegin Xell-Skreiner hat das Buch mit zahlreichen Praxistipps aus anwaltlicher Sicht gespickt und liegen sogar einige Muster vor, beispielsweise für einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung.

Am Ende jedes Kapitels befindet sich eine Zusammenfassung, die die wichtigsten Punkte festhält. Erfrischend und unterhaltsam sind die Illustrationen von Fucik, wobei mir insbesondere die Zeichnung auf Seite 36 zum neutralen Mediationsteam (jeder der Parteien bekommt eine mit dem „Nudelwalker“ auf den Kopf) einen herzhaften Lacher entlockte. Man fühlt sich auch an so manche Vergleichsverhandlung erinnert.

Obwohl sich das Buch natürlich an den Bürger richtet, wird auch ein Profi die eine oder andere Neuigkeit finden und dient das Buch gut zur Auffrischung der Kenntnisse im Familienrecht.

Die einzige Kritik für dieses Buch gebührt den Fotographen betreffend der Fotos an der Rückseite des Buches, da die Autorinnen in Natura um einiges besser wirken.

Ich darf das Buch aber auch gestandenen Familienrechtlern ans Herz legen. <--

2. Juni 2006

 

Für Sie gelesen. Das Kostenhandbuch, Kostenersatz im Zivilprozess und im Verfahren außer Streit.

Manzverlag 2005

Wie heißt es so schön. Rechtsgebiete gibt es viele, aber jeder Akt benötigt eine Kostennote.

Ich habe mich daher immer für Kostenrecht interessiert. Die bisher verfügbaren Bücher zu diesem Thema waren Der Kostenersatz im Zivilprozess von Bydlinski aus dem Jahr 1992, Der Kostenteil aus dem Buch von Feil/Wennig Anwaltsrecht 2004, 3. Auflage, und die Monographie von Thiele, Anwaltskosten aus dem Jahr 2000.

Mit dem Kostenhandbuch von Obermaier ist nun ein großer Wurf gelungen. Mit unglaublichem Aufwand wurden tausende, teilweise unveröffentlichte Entscheidungen gesammelt und aufbereitet.

Das Buch gliedert sich in einen Zivilprozesskostenteil und einen Kostenteil in Verfahren außer Streit.

Zunächst wird die Sach- und Rechtslage systematisch dargestellt in allen erdenklichen Problemen des Kostenrechtes und folgen dann die bezughabenden Entscheidungen. Das Buch ist eine wahre Fundgrube für nahezu jedes Kostenproblem. Zum leichteren Verständnis werden auch einige Beispiele angeführt zu komplexen Kostenproblemen. Der Autor stellt auch die verschiedenen Meinungen zu verschiedenen Rechtsproblemen dar, wobei bekanntlich die Landesgerichte die verschiedensten Auffassungen haben in Kostenfragen.

Das Buch kann jedem Richter, Rechtsanwalt und Rechtsanwender ans Herz gelegt werden zu einer verpflichtenden Lektüre, da sicher jeder etwas Neues finden wird. Haben Sie gewusst, dass es auch einen Kostenersatz des vollständig Unterliegenden nach Billigkeit gibt im Sozialrechtsverfahren gemäß § 77 Abs. 1 Z 3 lit. b ASGG? Beim Studium der Bestimmungen über die Kostenseperation wird sicherlich auch so mancher auf neue Ideen kommen. Bei dem Problem, ob Kosten für ein Privatgutachten im Kapital, als Nebenforderung oder als Kosten in der Honorarnote geltend gemacht werden, stellen sich rechtliche Probleme, wobei dieses Buch äußerst hilfreich bei der Lösung sein kann.

Einzig als Kritikpunkt bleibt die gelegentliche Unübersichtlichkeit des Buches, wobei dies allerdings in der Natur der Sache des Kostenersatzrechtes liegt.

Ich kann dieses Buch nur jedem Kollegen wärmstens ans Herz legen und freue mich darauf, die nächsten Jahre damit zu arbeiten.

7. Februar 2006 <--

 

Deutscher Bundesgerichtshof schützt deutsche Verbraucher bei grenzüberschreitenden Gewinnzusagen in Kenntnis der neuesten Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes

Der deutsche Bundesgerichtshof kommt bei einer grenzüberschreitenden Gewinnzusage gemäß § 661 ABGB, die nicht zu einer Warenbestellung geführt hat zu einer internationalen Gerichtszuständigkeit im Sinne des Artikel 5 Nr. 1 EuGVÜ. Der Ort an dem die Verpflichtung zu erfüllen ist ergibt sich nach dem nationalen Rechtsvorschriften.

Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass Artikel 34 des deutschen EGBGB zum zwingenden Recht des § 661 ABGB führt. Bemerkenswert sind die Ausführungen des BGH, dass betreffend der aus Österreich kommenden Gewinnzusage zwingend deutsches Recht anzuwenden ist. Die Gewinnzusage ist am Wohnsitz des Empfängers zu erfüllen.

Die deutsche Regel zum Leistungsort (§ 269, 270 BGB) stützen sich auf gesetzliche Sonderregelungen, Parteienvereinbarungen oder aus den Umständen. Subsidiär liegt der Leistungsort am Wohnsitz des Schuldners (sohin in Österreich). Aus Sinn und Zweck des § 661 ABGB ergibt sich, dass das Gewinnzusagenunternehmen den zugesagten Preis am Wohnsitz des Verbrauches zu leisten hat. Diese Zielsetzung würde durchkreuzt, wenn der Unternehmer nicht am Wohnsitz des Empfängers der Gewinnmitteilung, sondern an seinem Sitz zu leisten hätte. Dies hätte nämlich zur Folge, dass der Verbraucher sein Recht meist im Ausland durchzusetzen versuchen müsste wozu er selten in der Lage sein wird. § 661 ABGB muss daher über seinen Wortsinn hinaus als Regelung des Leistungsortes am Wohnsitz des Empfängers verstanden werden.

Die gesamten Bemühungen der Gewinnzusagenunternehmen über die mehrmalig Anrufung des EugH ein anderes Ergebnis zu erzielen (C-96/00 Gabriel; C-27/02 Engler; C-264/04 Kapferer) sind daher gescheitert. Weiters bleibt noch festzuhalten, dass auch in den Schlussanträgen des Generalanwaltes Antonio Tizzano im Verfahren Kapferer (C-234/04 - RZ 67) dieser davon ausgeht, dass die von Österreich gemachten Angaben zu einer Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes führen.

BGH vom 1.12.2005, GZ III, ZR 191/03 <--

 

VfGH verwirft sämtliche Bedenken der Gewinnzusagenunternehmen betreffend der Verfassungsgemäßheit des § 5j KSchG

Eine Gruppierung von Gewinnzusageunternehmen trat mittels Individualantrag an den VfGH heran um den § 5j KSchG auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Sie vermeinten, dass die zu prüfende Gesetzesstelle eine Vielzahl von verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten verletzt und dadurch eine überschießende, ruinöse Sanktion mit dem Charakter einer Strafe gesetzt wird. Auf diese Weise wollten sie die Aufhebung der Gesetzesstelle erreichen.

Obwohl der Antrag fälschlich als Beschwerde eingebracht wurde, nahm sich der Verfassungsgerichtshof den vorgebrachten Bedenken an und bezog in seiner Entscheidung G20/05 ausführlich dazu Stellung:

Mit Hilfe des §5j KSchG wird vom Gesetzgeber verbindlich gemacht, was dem Empfänger vom Veranstalter der Gewinnzusage zugesagt wird. Es soll damit dem Erklärenden das Risiko eines Missverständnisses aufgebürdet werden, was dem Grundgedanken der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie entspricht. Der Zusagende soll zur Leistung des Preises an den Empfänger verhalten sein.

Das dahinter stehende Motiv ist natürlich die Unterbindung täuschender Praktiken. Die Verhaltung zu Leistung soll dabei weder als Strafe, noch als schadenersatzrechtliche Sanktion wirken. Unterschiedliche Umstände erfordern eben unterschiedliche Regelungen. Bei an Verbraucher gerichtete Gewinnzusagen ist es offenkundig, dass eine aus den unterschiedlichen Fähigkeiten und Absichten der Beteiligten resultierende notorische Missbrauchsmöglichkeit besondere Maßnahmen rechtfertigt.

Die Ausgestaltung der Gewinnzusage liegt schließlich in der Hand des Unternehmers und steht es ihm dadurch frei, klarzustellen, dass der Angesprochenen nur zum Kreis jener Auserwählten gehört, denen die Möglichkeit geboten wird, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Es kann daher keineswegs unsachlich sein, den Unternehmer bei sonstiger Verbindlichkeit der Zusage zu einer Klarstellung seiner Erklärung und somit zur Vermeidung von Missverständnissen zu verpflichten.

Das Höchstgericht hält in seiner Entscheidung fest, dass die Gestaltung der Gewinnzusage von der geprüften Gesetzesbestimmung genau geregelt ist. Es muss lediglich der Eindruck des Gewinnes beim Verbraucher hervorgerufen werden. Erklärungen, die von vornhinein keinen Zweifel offen lassen, dass der Gewinner erst ermittelt werden muss, fallen nicht unter diese Regelung. Sie stellt auf durchschnittliches Verständnis sowie die häufige Unfähigkeit, verlockend formuliertes zu durchschauen ab und bietet damit einen klaren Maßstab. Das es bei Grenzfällen Meinungsverschiedenheiten gibt, ist nichts ungewöhnliches.

Der VfGH verwehrte sich auch der Behauptung der Antragsteller, Gewinnzusagen entsprechen allgemein anerkannten Werbegrundsätzen. Der Gesetzgeber kann trotzdem nicht daran gehindert werden, auch bei allgemein werbewirksam anerkannten Verhaltensweisen, den Verbraucher vor einer mit dieser Irreführung verbunden Verlockung zu schützen. Es entspricht eben dem öffentlichem Interesse, einen Verbraucher vor einer vermeidbaren, den Vorteil eines anderen dienenden, Täuschung zu bewahren.

Ferner ist es auch nicht unsachlich, dass der Preis an jemanden zu leisten ist, der die Absicht des Unternehmers nachgewiesen durchschaut hat. Der Verbraucher soll sich nicht auch noch einer Nachprüfung seines subjektiven Verständnisses aussetzen müssen, weshalb es weder ungewöhnlich noch sachfremd ist, wenn das Gesetz bei Erklärungen an einen größeren Personenkreis auf den objektiven Erklärungswert abstellt.

Allgemein sind Ansprüche aus Wette oder Spiel (§1271 ABGB) zwar nicht einklagbar, doch sollen diese Bestimmungen dort nicht gelten, wo sie zum Nachteil der Verbraucher ausgenutzt werden. Der §5j KSchG soll eben genau dieses absichern.

Da der VfGH keine Bedenken der Antragsteller teilen konnte, wies er ihren Antrag ab. Das Höchstgericht hat mit der Entscheidung den §5j KSchG in seiner verbrauchergerechten Ausgestaltung bestätigt und somit den Verbrauchern einen wichtigen Schutz vor Übervorteilung abgesichert. <--

Rezension VfGH Urteil G20/05

 

Neue Rechtsprechung zu Gewinnzusagen

1.     Grenzüberschreitende Gewinnzusagen als zweiseitiger Vertrag

Nahezu zeitgleich wurden nun zwei äußerst interessante Entscheidungen zu Gewinnzusagen veröffentlicht.

Zunächst judizierte der EuGH, dass auch bei einer Gewinnzusage, die nicht zwingend mit einer Warenbestellung verknüpft ist, die Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers gegeben ist. Die Zuständigkeit basiert jedoch anders als in der Entscheidung "Gabriel" nicht auf dem Verbrauchergerichtsstand (Art 13 EuGVÜ, nunmehr Art 16 EuGVVO), sondern auf dem Gerichtsstand für Vertragsklagen (Art 5 Abs 1 EuGVÜ). Sohin ist der EuGH der Auffassung, dass, auch wenn nur eine Gewinnzusage übermittelt wird und die Gewinnanforderung im Zuge eines Auszahlungsbescheides zurückgesendet werden muss, ein zweiseitiger Vertrag vorliegt, der zur Klagseinbringung am Wohnsitz des Verbrauchers berechtigt. Den Gewinnzusagenunternehmen ist sohin endgültig auch bei grenzüberschreitenden Gewinnzusagen ein Riegel vorgeschoben worden.

2.     Rechtsschutzdeckung für Gewinnzusagenklagen

Ein spektakuläres Urteil hat das Handelsgericht Wien gefasst.

Die Rechtsschutzversicherungen verweigerten nämlich nahezu flächendeckend die Rechtsschutzdeckung betreffend Klagen auf Auszahlung einer Gewinnzusage. Hierbei stützen sie sich auf ein Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Fenyves.

Das HG Wien ist nun in seinem Urteil der Auffassung, dass bei einer irreführenden Gewinnzusage eine Verletzung der culpa in contrahendo, sohin die Haftung aus einem Vertrag, vorliegt. Eine Gewinnzusage ist ein Anspruch als pauschalierter und vom tatsächlichen Eintritt eines Schadens unabhängiger Schadenersatzanspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Aufklärungspflichten. Die Rechtsschutzversicherung hätte sohin die Rechtsschutzdeckung nicht ablehnen dürfen. Deutliche Worte findet das HG Wien zur Auffassung der Rechtsschutzversicherung, dass "Aussichtslosigkeit des Prozesses" vorliegen soll. Das Gericht wirft nämlich der beklagten Rechtsschutzversicherung vor, sich nicht ausreichend mit der gängigen Judikatur des Gerichtssprengels Wien befasst zu haben und dass Klagen aus Gewinnzusagen bekanntlich weder in der Vorfrage der Zuständigkeit noch in der Sache selbst aussichtslos sind. In weiterer Folge sprach das HG Wien der Konsumentin einen Schadenersatzanspruch gegen die Rechtsschutzversicherung zu in der Höhe von mehr als € 26.000,00. Weiters betont das HG Wien, dass es dem Konsumenten unzumutbar ist, die Klage auf eigene Kosten selbst durchzuführen, da der Kläger gerade für die Geltendmachung aussichtsreicher Ansprüche Prämien für seine Rechtsschutzversicherung einzahlt.

Wer nun meint, dass die Rechtsschutzversicherungen nach diesem eindeutigen, wenn auch nicht rechtskräftigen Urteil ihre Meinung ändern, irrt. Die Rechtsschutzversicherungen verweisen zum Großteil weiterhin auf ihre vom HG Wien abgelehnte Rechtsansicht. Erfreulich bleibt, dass nun wenige Rechtsschutzversicherungen nun zumindest vorsichtsweise oder in Kulanz Rechtsschutzdeckung gewähren.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl nach Auffassung des EuGH als auch des HG Wien ein vertraglicher Anspruch vorliegt , und eben für Verletzung vertraglicher Pflichten haben die meisten Rechtsschutzversicherten Vorsorge getroffen.

Die Rechtsschutzversicherer wären gut beraten, für Gewinnzusagenprozesse wieder Deckung zu gewähren - einerseits, damit gewährleistet werden kann, dass die Unsitte von irreführenden Gewinnzusagen effizient abschließend abgestellt werden kann, und andererseits, um nun absehbaren Haftungen für Schäden gegenüber ihren Versicherungsnehmern zu entgehen. <--

Urteil des EuGH vom 20.1.2005, C-27/02
Urteil des HG Wien vom 20.1.2005, 40 Cg 75/03k

 

Oberster Gerichtshof besiegelt Synchronisation der Rechtssprechung mit deutschem Bundesgerichtshof betreffend Gewinnzusagen

In der brandneuen Entscheidung vom 16.6.2004, 7 Ob 98/04v, hält der Oberste Gerichtshof nun erstmals für Österreich fest, dass es auf das subjektive Verständnis der Zusendung durch den konkreten Verbraucher nicht ankommt. Es ist sohin nicht erforderlich, dass der angesprochene Verbraucher betreffend einer Gewinnzusage dem Schreiben tatsächlich Glauben schenkt. Der Oberste Gerichtshof formuliert noch drastischer, dass auch der Verbraucher, der die Gewinnzusage als bloßes Werbemittel durchschaut oder durchschauen könnte, die Leistung des angeblich gewonnenen Preises verlangen kann.

Der Oberste Gerichtshof betont, dass die Rechtsprechung des Deutschen Bundesgerichtshofes insbesondere aus der Entscheidung vom 19.2.2004, III ZR 226/03 genau den Auslegungskriterien entspricht, die auch nach der Rechtsprechung des österreichischen Obersten Gerichtshofes maßgebend sind. Damit ist die Synchronisation der Rechtsprechung im deutschen Sprachraum betreffend Gewinnzusagen besiegelt.

Der Grund für die Rechtsprechung in Österreich und Deutschland ist darin zu suchen, dass irreführende Gewinnzusagen grundsätzlich hintangehalten werden sollen und Gewinnzusagenunternehmen grundsätzlich nicht schutzwürdig sind.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einer früheren Entscheidung festgehalten, dass nachträgliche Aufklärung durch Rechtskundige einen bereits entstandenen Gewinnzusagenanspruch nicht zerstören können
(1 Ob 148/03a; 1 Ob 261/03v). Es ist daher nur logisch, dass sich am Ergebnis auch nichts ändern kann nunmehr auch nach Meinung des Obersten Gerichtshofes, wenn schon der Verbraucher selbst die Gewinnzusage als Werbemittel durchschaut, weil die Wertungskriterien des Gesetzgebers in beiden Fällen dieselben sind.

OGH vom 16.6.2004, 7 Ob 98/04v

Deutscher Bundesgerichtshof äußert sich zur gerichtlichen Strafbarkeit sado-masochistischer Sexualpraktiken mit tödlichem Ausgang

Der deutsche Bundesgerichtshof musste ein Urteil des Landesgerichts Kassel revidieren und aussprechen, dass anderslautende Entscheidungen des Reichsgerichtes als überholt zu betrachten sind.

Gemäß den Feststellungen bevorzugte die Lebensgefährtin des Angeklagten sexuelle Praktiken, verbunden mit einer speziellen Fesselung und einem Drosselvorgang. Der Angeklagte drückte seiner Lebensgefährtin ein Metallrohr intervallartig drei Minuten lang gegen ihren Hals, was zu einer Sauerstoffunterversorgung und zum Herzstillstand und somit zu deren Tod führte. Das Landesgericht lehnte die Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge ab wegen der Einwilligung der Frau. Deswegen soll keine Sittenwidrigkeit vorgelegen sein.

Der deutsche BGH lehnt diese Auffassung zu Recht ab und betont, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit jedenfalls dann überschritten ist, wenn der Einwilligende in konkrete Todesgefahr gebracht wird.

Das Urteil des Landesgerichts Kassel wurde sohin aufgehoben und zur neuerlichen Verhandlung zurückverwiesen. <--

BGH vom 26.5.2004 - 2 Str 505/03

Gehälter öffentlicher Unternehmen bleiben ein Geheimnis

Dies stellte der VfGH in einer Grundsatzentscheidung (KR 1/00) fest. Streitpunkt waren die dem Bezügebegrenzungsgesetz unterliegenden Unternehmen und deren Kontrolle durch den Rechnungshof.

Konkret sollten Bezieher von Einkommen deren Grenze über 5.500 Euro / Monat liegt, namentlich und unter Anführung Ihres Gehaltes in Einkommensberichten genannt werden. Dieses hätte den betroffenen Unternehmen, unter ihnen auch der ORF, die Nationalbank und die AUA, noch kein Problem bereitet, doch wollte der Rechnungshof die personenbezogenen Daten auch veröffentlichen. Den kontrollierten Unternehmen schien eine Veröffentlichung inakzeptabel, da dem EU Datenschutzrecht entgegenstehend und somit verweigerten sie kurzer Hand die Einsicht in ihre Unterlagen.

Diese Position war jedoch für den Rechnungshof untragbar, der daraufhin den VfGH konsultierte. Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens wurde der Ball an den EuGH weiter gespielt, der lediglich festhielt, dass der VfGH selbst prüfen muss, ob im Anwendungsbereich des Art 8 EMRK ein solcher Eingriff in das Recht auf Schutz der Privatsphäre notwendig und verhältnismäßig ist.

Daher entschied das österreichische Höchstgericht gegen einen so schweren Eingriff in den Datenschutz, da zu einer effizienten Kontrolle durch den Rechnungshof eine Offenlegung der personenbezogenen Daten nicht notwendig sei. Es ist ihm zwar Einblick in alle Daten zu gewähren, doch dies allein muss genügen um Missstände in der Gebarung aufzuzeigen. <--

Rechtsprechungsübersicht Gewinnzusagen

BGH:
Auf den subjektiven Eindruck des konkreten Verbrauchers kommt es nicht an.

BGH/OGH:
§ 661a BGB und § 5j KSchG sind nicht verfassungswidrig.

Der deutsche Bundesgerichtshof hat nun als erstes Gericht im deutschen Sprachraum unmissverständlich festgehalten, dass es nur auf die abstrakte Eignung ankommt, bei einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck eines bereits gewonnen Preises zu erwecken. Auf das subjektive Verständnis der Zusendung durch den konkret angesprochenen Verbraucher kommt es überhaupt nicht an (BGH vom 19.2.2004, III ZR 226/03). Es kommt daher nicht an auf Presseberichterstattung, Spezialkenntnisse des Verbrauchers, größere oder kleinere Skepsis, etc, sondern nur auf die abstrakte Auslegung nach den Maßstäben des Durchschnittsverbrauchers.

Nachdem die Gewinnzusagenunternehmen zahlreiche Verfahren in Österreich und Deutschland verloren haben, sind sie nun dazu übergegangen, die Verfassungskonformität der Gewinnzusagenparagraphen in Frage zu stellen. Sowohl der deutsche BGB als auch der österreichische OGH haben hierzu eine eindeutige Antwort. § 5j KSchG und § 661a BGB sind verfassungskonform.

Der österreichische OGH hat dies in den Entscheidungen 4 Ob 27/03d, 2 Ob 73/03d und 7 Ob 106/03v bereits ausführlich und zutreffend begründet. Der OGH ist der Auffassung, dass kein Unternehmen verpflichtet ist, Gewinnspiele zu veranstalten, die im Falle des unerlaubten Verhaltens ruinös sein könnten. Diese Auffassung begründet auch der deutsche BGH in der Entscheidung vom 16.10.2003, III ZR 106/03. Nach Meinung des deutschen BGH handelt es sich beim Leistungsanspruch des § 661a BGB nicht um eine strafähnliche hoheitliche Maßnahme, weshalb für die Anwendung des Schuldprinzips kein Raum bleibt.

Der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof setzt sich mangels Aussicht auf Erfolg mit einer Verfassungsbeschwerde gegen § 661a BGB freilich gar nicht mehr auseinander (BVerfGE vom 5.1.2004, 1 BuR 2518/03).

Die Auffassung der Höchstgerichte wird auch von der Lehre bestätigt (zuletzt Schröder in NJW 2004 H 11, 719). Schröder würde es begrüßen, wenn auch die Unternehmen, die hinter vermögenslosen Briefkastenfirmen stehen, zur Haftung herangezogen werden. Auch hiefür gibt es bereits erste Ansätze in der Judikatur. Der OGH hat in der Entscheidung vom 10.2.2004, 4 Ob 227/03s, ausgesprochen, dass auch das Unternehmen haftet, welches nur die Versandhüllen mit den an der Innenseite abgedruckten Teilnahmebedingungen des beanstandeten Gewinnspiels zur Verfügung stellt.

Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, dass die Intention des Gesetzgebers, irreführende Gewinnzusagen hintanzuhalten, nach der engagierten Rechtsprechung der Höchstgerichte in Österreich und Deutschland greift und sich die bekanntesten Gewinnzusagenunternehmen aus dem österreichischen Markt bereits zurückgezogen haben. <--


Nationale Schutzvorschriften betreffend Gesellschaftsgründung vom Europäischen Gerichtshof für unanwendbar erklärt

Mit dem Urteil vom 30. September 2003 entschied der Europäische Gerichtshof in einer Vorabentscheidung über Fragen, die vom Kantongerecht Amsterdam an ihn gerichtet wurden. Es ging dabei um eine Gesellschaft englischen Rechts, die um die Eintragung ihrer Zweigniederlassung im niederländischen Handelsregister angesucht hatte.

Nach niederländischem Recht wäre die Eintragung nur mit dem Zusatz "formal ausländische Gesellschaft" möglich gewesen. Dazu ist anzumerken, dass das britische Recht, bezogen auf Private Limited Companies (eine Gesellschaftsform wie die österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung), sehr liberal ist. Als Stammkapital wird lediglich ein britischer Pfund verlangt. Im Gegensatz dazu beträgt das Stammkapital einer GmbH bei uns € 35.000,-, wovon anfangs zumindest € 17.500,- einbezahlt werden müssen. Auch Arbeitnehmervertreter haben in der britischen PLC kein Recht auf einen Sitz im Aufsichtsrat. In Österreich und auch in Deutschland ist ja das paritätische Mitbestimmungsrecht gesetzlich festgesetzt. Und auch die Niederlande hat ein strengeres Recht für gleichwertige Gesellschaften und wollte durch die Zusatzformel bei der Eintragung im Handelsregister auf diesen Umstand aufmerksam machen.

Der EuGH stellte in seiner Vorabentscheidung fest, dass das nationale Recht nicht andere Offenlegungspflichten als diejenigen, die bereits in einer Richtlinie der EWG festgelegt worden sind, auferlegen kann. Denn dies verstoße gegen die Niederlassungsfreiheit. Lediglich dann, wenn in einem konkreten Fall ein Missbrauch nachgewiesen worden ist, könne der Staat entsprechend reagieren.
Das bedeutete für den Fall in den Niederlanden, dass das Recht auf Gründung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der EU nicht deswegen behindert werden durfte, weil im innerstaatlichen Recht ein höheres Mindestkapital oder eine andere Haftung des Geschäftsführers für die betreffende Gesellschaftsform vorgesehen war.

Damit wird es in Zukunft auch unmöglich sein, andere nationale Schutzvorschriften - wie z.B. das in Österreich verankerte paritätische Mitbestimmungsrecht - auf Unternehmen, die in anderen Staaten der europäischen Union gegründet wurden, anzuwenden. <--

Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder
EuGH vom 30.09.2003, Rechtssache C-167/01



Oberster Gerichtshof zum Beweissicherungsverfahren

Der OGH hält in einer neuen Entscheidung fest, dass gerichtliche Sachverständige zur Beweissicherung ausschließlich die Befundaufnahme vorzunehmen haben.

Die darüber heraus gehende Erstattung eines Gutachtens über strittige Fragen ist nicht Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens.

Für den Fall, dass die Befundaufnahme des Sachverständigen bereits Elemente eines Gutachtens enthält und über die eigentliche Befundaufnahme hinausgeht, ist trotzdem von der Unanfechtbarkeit des der Beweissicherung bewilligten Beschlusses auszugehen (vgl. 8 Ob 61/00d).

Der Gesetzgeber hat wegen der uU schwierigen Abgrenzung zwischen Befund und Gutachten sowie wegen des Provisorialcharakters des Beweissicherungsverfahrens eine Anfechtbarkeit des bewilligten Beschlusses aus guten Gründen grundsätzlich ausgeschlossen.

Ein allfällig auftragsgemäß erstattetes, über die Befundaufnahme hinausgehendes Gutachten wäre im nachfolgenden Prozess allerdings unbeachtlich. <--

OGH vom 28.5.2003, 7 Ob 120/03b
Mag. Michèle Beneder-Rockenschaub



Bereitschaftsdienst im Spital gilt als volle Arbeitszeit

Der europäische Gerichtshof hat in einer jüngsten Entscheidung einem deutschen Arzt Recht gegeben und festgestellt, dass Bereitschaftdienst eines Arztes im Spital im vollen Umfang anzurechnen und wie normale Arbeitszeit zu bezahlen ist.

Der Hintergrund diese Entscheidung war das Faktum, dass in Deutschland Klinikärzte derzeit nach der regulären Arbeitszeit häufig Nachtbereitschaften in der Klinik auf sich nehmen müssen und anschliessend wieder am nächsten Tag ihren normalen Tagdienst anzutreten haben. Anwesenheitszeiten im Spital bis zu 32 Stunden sind an der Tagesordnung.

Der EuGH entschied entgegen einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes, dass in diesem Punkt das deutsche Arbeitsrecht sich nicht an die Bestimmungen der EU-Arbeitsrichtlinie hält. Die Richter des EuGH schlossen sich der Entscheidung des Generalanwaltes des Europäischen Gerichtshofes an und erklärten, dass Bereitschaftsdienst im vollen Umfang anzurechnen sei, weil der Arzt dem Arbeitgeber zur Verfügung steht.

Der EuGH hält in seiner Entscheidung fest, dass es darauf ankommt, ob der Bereitschaft habender Arzt sich an einem Ort aufhält, der vom Arbeitgeber bestimmt ist und er diesem auch sofort die benötigte Leistung erbringen könne. Der EuGH qualifiziert daher den Umstand, ob sich der Arzt während seiner Rufbereitschaft im Spital befindet oder nicht. Eine Rufbereitschaft außerhalb des Spitals unterliegt daher weniger starken Einschränkungen.

Auf Grund dieser Entscheidung rechnet der deutsche Ärzteverband mit einem zusätzlichen Bedarf von zumindest 15 000 neuen Stellen. Die deutsche Krankenhausgesellschaft geht sogar von einem Bedarf von rund 27 000 neuen Ärzten aus. Auf deutsche Spitäler könnten daher Kosten in Milliardenhöhe zukommen.

Im Sinne dieser neuen Entscheidung des EuGH sollten Bereitschaftsdienste als volle Arbeitszeit angerechnet werden und sind im Interesse der Spitalsärzte und auch der Patienten Ruhezeiten einzuhalten. <--


Mag. Michele Beneder-Rockenschaub, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder

Urteil des EuGH vom 09.09.2003, Rechtssache C-151/02


Kein Versicherungsschutz bei Handybenützung ohne Freisprecheinrichtung und für L17-Übungsfahrten

Zwei nachfolgende Entscheidungen beziehen sich jeweils auf Verkehrsunfälle, bei denen die Versicherung die Übernahme der Kostendeckung verwehrte und dabei im gerichtlichen Verfahren Recht bekam. Sie stehen zwar in keinem unmittelbaren Zusammenhang, machen aber beide darauf aufmerksam, dass Versicherungsunternehmen - auch im Rahmen einer Vollkaskoversicherung - bei weitem nicht alle Versicherungsfälle decken.

Im ersten Fall handelt es sich um eine Entscheidung der OLG Köln. Das Gericht stellte die Leistungsfreiheit der Versicherung fest, da der Versicherte den Unfall fahrlässig durch Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung herbeigeführt hat. Die Richter fanden, dass es grundsätzlich grob fahrlässig ist, wenn jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und unaufmerksam Auto fährt. Hierbei hatte der Versicherte die Fahrbahn nicht im Blick gehalten und war durch das Hantieren mit seinem Handy so abgelenkt, dass er die Gewalt über das Fahrzeug verlor. Noch dazu waren die Verkehrverhältnisse zum Unfallzeitpunkt aufgrund Nebel und nasser Fahrbahn schwierig. Der Umstand, dass der Versicherte lediglich Vorbereitungen zum Telefonieren übernommen hatte und es zum Unfallzeitpunkt kein Verbot zum Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung gab, war dabei unerheblich.

Es handelt sich dabei zwar um eine deutsche Entscheidung, jedoch ist ein gleich lautendes Urteil in Österreich möglich und wahrscheinlich.

Die zweite Entscheidung ist ein österreichisches Urteil vom Obersten Gerichtshof. Dabei versagte das Versicherungsunternehmen den Schutz für einen Unfall, der sich im Zuge einer L17-Übungsfahrt ereignete. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde der Versicherungsschutz für kraftfahrzeugsportliche Veranstaltungen und dazugehörigen Trainingsfahrten, sowie sinngemäß für Perfektions- und Übungsfahrten ausgeschlossen. Dass solche L17-Ausbildungsfahrten erst nach Vertragsschluss per Gesetz möglich gemacht wurden, machte für den OGH keinen Unterschied. Der OGH führte aus, dass der Vertrag eben interpretiert werden müsse und zwar am Maßstab eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers. Und im Ergebnis müsse der Vertrag hier nicht einmal speziell interpretiert werden, denn der Sinn der Klausel ergebe sich schon allein aus dem Wortlaut. Der Zweck dieser Klausel sei, ein nicht überschaubares und nicht kalkulierbares Risiko aus der Deckung herauszunehmen; und eine L17-Übungsfahrt stelle schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein wesentlich höheres Risiko dar. Daher sei auch der Versicherungsschutz zu Recht versagt worden. In einem Nebensatz erklärte der OGH außerdem, es wäre ja dem Versicherungsnehmer freigestanden, etwas Anderes zu vereinbaren! <--

OLG Köln vom 19.9.2000, Az. 9 U 43/00 und OGH vom 5.8.2003, GZ 7 Ob 164/03y

Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Oberster Gerichtshof verfeinert seine Rechtsprechung betreffend irreführender Gewinnzusagen

In der jüngst gefallenen Entscheidung vom 1.7.2003, 1 Ob 118/03i, fasst der Oberste Gerichtshof seine bisherigen Grundsätze zu Gewinnzusagen zusammen. Weiters hebt der Oberste Gerichtshof neu hervor, dass der Erfüllungsanspruch gemäß § 5j KSchG nicht die Anbahnung des Kaufs von Waren voraussetzt. Verpönt ist jedes Handeln des Unternehmens, das erkennbar auf Gewinnabsicht abzielt durch unseriöse Gewinnzusagen, mit dem der Unternehmer das Verhalten von Verbrauchern am Markt unsachlich beeinflussen will. Das bedeutet für die Praxis sohin, dass die Aufforderung des Gewinnzusagenunternehmens mittels Mehrwertnummer zur Gewinnanforderung, allenfalls verbunden mit psychologischem Druck oder die Aufforderung, bei dieser Gelegenheit die Daten des Verbrauchers bekannt zu geben, für eine erfolgreiche Gewinneinklagung ausreichen.

Weiters stellt der Oberste Gerichtshof bei dieser Gelegenheit fest, dass die fehlende Verbrauchereigenschaft vom Gewinnzusagenunternehmen unter Beweis zu stellen ist.

Obwohl das Berufungsgericht ausdrücklich die Frage nach der Rechtsnatur des Anspruchs nach § 5j KSchG gestellt hat, ließ der Oberste Gerichtshof diese Frage neuerlich unbeantwortet, da sie zur Lösung des Falles nicht erforderlich gewesen ist. Der Oberste Gerichtshof stellt nämlich fest, dass der Gewinnzusagenanspruch unabhängig von seiner Rechtsnatur bei Vorliegen der Voraussetzungen jedenfalls gegeben ist. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass eine diesbezügliche Klärung des Obersten Gerichtshofes jedenfalls angebracht wäre, allein schon in Hinblick auf die um sich greifende Praxis der Rechtsschutzversicherungen, die Kostendeckung abzulehnen, da nach Meinung der Rechtsschutzversicherungen weder ein vertraglicher Anspruch noch ein Schadenersatzanspruch vorliegen soll. Der VKI in einem Musterprozess und zahlreiche Gerichte in Österreich und Deutschland bis hin zum Deutschen Bundesgerichtshof haben hierzu eine andere Auffassung, indem sie von einem vertraglichen Anspruch, zumindest jedoch von einem Schadenersatzanspruch ausgehen. Diese Rechtsfrage bedarf sohin der Klärung durch den Obersten Gerichtshof im Interesse eines effektiven Schutzes der Verbraucher vor Gewinnzusagen. <--

RA Mag. Gerold Beneder
OGH vom 1.7.2003, 1 Ob 118/03i


Eintrittsrecht des homosexuellen Lebensgefährten

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor kurzem eine bahnbrechende Entscheidung im Hinblick auf Gleichstellung hetero- und homosexueller Lebensgemeinschaften getroffen.

Die Entscheidung betrifft ein Verfahren, indem ein Mann, nachdem sein Lebensgefährte gestorben war, aus der gemeinsam bewohnten Mietwohnung ausziehen sollte. Denn ein homosexueller Partner hätte im Gegensatz zum heterosexuellen kein Eintrittsrecht in den Mietvertrag des verstorbenen Partners. Interessant ist, dass sich sowohl das BG Favoriten, als auch das LG für Zivilrechtssachen Wien für das Eintrittsrecht des Lebensgefährten im gegenständlichen Fall aussprach. Das Urteil des OGH gab schließlich doch dem Vermieter Recht und erklärte die Kündigung mit der Begründung, dass das Mietgesetz aus dem Jahre 1974 nicht an Personen desselben Geschlechts gedacht hätte, für rechtens!

Der Betroffene gab sich aber nicht geschlagen, sondern reichte Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Die Beschwerde wurde folglich für zulässig erkannt - womit die größte Hürde genommen war. Als der Beschwerdeführer folglich aufgrund eines Herzinfarktes verstarb, verlangte die Republik Österreich, dass der Antrag nicht mehr behandelt wird. Der EMGR fand die Entscheidung aber von allgemeinem Interesse, behandelte die Beschwerde dennoch und gab schließlich dem Lebensgefährten, nach einem insgesamt neunjährigen Verfahren, Recht.

Der EMGR stellte fest, dass die Ungleichbehandlung nicht notwendig wäre und gegen Art. 8 MRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und gegen Art. 14 MRK (Diskriminierungsverbot) verstoße. Damit muss sich die Rechtssprechung in Österreich ändern. Diese Entscheidung könnte nun auch Einfluss auf ähnlich gelagerte Fälle, wie z.B. bei der Pflegefreistellung oder der Mitversicherungsmöglichkeit, haben. Und selbst der Gesetzgeber wird in Zukunft homosexuelle Lebensgemeinschaften gegenüber heterosexuellen nicht schlechter behandeln können. <--


EGMR, Urteil vom 24.7.2003 - Application no. 40016/98
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Beneder


Kontaktlinsen versus Brille

Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst über die Frage entschieden, ob es die Entziehung der Lenkerberechtigung rechtfertigt, wenn ein Autofahrer statt der im Führerschein vermerkten Brillen Kontaktlinsen trägt.

Im gegenständlichen Fall fand eine Verkehrskontrolle statt. Der Fahrzeuglenker trug Kontaktlinsen, im Führerschein wurde jedoch das Tragen einer Brille vorgeschrieben. Es wurde daraufhin festgestellt, dass er ohne gültige Lenkerberechtigung unterwegs wäre und nicht als verkehrszuverlässig gelte. Der Führerschein wurde folglich für ganze drei Monate entzogen!

Der VwGH sprach nun in einer Entscheidung aus, dass dies bei einer solchen Fallkonstellation zu Unrecht geschieht. Die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit könne nicht nur vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache abhängig gemacht werden, vielmehr müsse es darauf ankommen, ob der Lenker die Verkehrssicherheit gefährde.

In der obgenannten Causa wurde nämlich durch ein Gutachten eindeutig belegt, dass der Betroffene seit Jahren Kontaktlinsen trägt, diese verträgt und genauso gut wie mit seiner Brille sieht. Die Entziehung der Lenkerberechtigung war daher zu Unrecht, die Verkehrszuverlässigkeit dagegen sehr wohl gegeben.

Die führenden Autofahrerclubs raten trotzdem den entsprechenden Code - statt Brillen in Zukunft Kontaktlinsen zu tragen oder umgekehrt - im Führerschein eintragen zu lassen. Die Strafen wegen Säumnis der Eintragung seien hoch, auch wenn die Lenkerberechtigung nicht entzogen wird. <--

VwGH Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2001/11/0311
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Höchstgerichte schützen Konsumenten vor Telefondiensten

Aufgrund einer Verbandsklage des VKI, entschied der OGH, dass Anbieter von Telefon-Auskunftsdiensten ihre Kunden unmittelbar am Beginn des Gespräches über die anfallenden Kosten informieren müssen. Dieses auch dann, wenn sich der Betreiber eines Auskunftsdienstes eines anderen Betreibers bedient. Staatssekretärin Ursula Haubner zeigte sich erfreut über diese wichtige Entscheidung im Rahmen des Konsumentenschutzes.

Der deutsche Bundesgerichtshof baut die Rechtssprechung des OGH noch weiter aus: Sogar in der Werbung für Telefonauskunftsdienste unter Angabe der Telefonnummer muss zugleich der Preis für die Dienstleistung angegeben sein. Denn die Werbung für eine spezielle Auskunft mit der dafür maßgeblichen Telefonnummer enthalte bereits ein Leistungsangebot, das nach der deutschen Preisangabenverordnung die Pflicht zur Angabe des Preises nach sich ziehe. <--

Urteil vom 3. Juli 2003 des Bundesgerichtshofes - I ZR 66/01, I ZR 211/01


Juristische Sensation: Staat haftet für gemeinschaftsrechtswidrige Entscheidung des VwGH

Die beim Europäischen Gerichtshof anhängige Rechtssache behandelt das Thema Staatshaftung für den Fall, dass ein Höchstgericht Schaden aufgrund eines ihm zurechenbaren Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht. Generalanwalt Philippe Léger hat nun in seinem Schlussantrag dazu Stellung genommen.

Das Rechtsproblem nahm seinen Anfang darin, dass einem österreichischen Universitätsprofessor die sogenannte Dienstalterzulage mit dem Hinweis verweigert wurde, dass nicht sämtliche fünfzehn Jahre Dienstzeit im Inland geleistet wurden. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer wurde dadurch mittelbar verletzt - dagegen legte der Professor folglich Beschwerde ein.
Der Verwaltungsgerichtshof rief zuerst den EuGH an, zog aber dann seine Fragestellung zurück. Der Professor glaubte, dass der VwGH damit gemeinschaftsrechtswidrig entschieden hatte und ihm dadurch ein Schaden entstanden sei. Er erhob Schadenersatzklage vor dem Landesgericht für ZRS Wien, das wiederum den EuGH anrief.

Dabei ist anzumerken, dass es nach dem österreichischen Amtshaftungsrechtes (gemäß § 2 Abs. 3 AHG) unmöglich ist, gegen ein höchstgerichtliches Urteil vorzugehen und Schadenersatz zu verlangen.
Generalanwalt Philippe Léger stellte hingegen fest, dass ein Mitgliedstaat sehr wohl für den Schaden, den ein Einzelner durch den Verstoß eines Höchstgerichtes gegen das Gemeinschaftsrecht erleidet, haften müsse. Ansonsten könne ja die Wiederherstellung des beeinträchtigten Rechtes nicht garantiert werden. Als Mindestvoraussetzung für die Staatshaftung, so der Generalanwalt, müsse das Gemeinschaftsrecht dem Einzelnen Rechte einräumen, der Verstoß müsse qualifiziert sein - dabei geht es um Entschuldbarkeit des Verstoßes - und ein unmittelbarer Kausalzusammenhang müsse ebenfalls bestehen.
Wenn der EuGH nun dem gegenständlichen Schlussantrag folgt, würde das die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Bestimmung des Amtshaftungsgesetzes bedeuten. D.h. Österreich wäre gezwungen diese Regelung zu ändern; und somit wäre der Weg dazu geebnet, dass auch die Höchstgerichte für etwaige Schäden, die durch ihre Entscheidungen entstehen, haften und ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden kann!

In seinen Ausführungen führte der Generalanwalt aus, dass im gegenständlichen Fall diese Mindestvoraussetzungen erfüllt sind und es sich um keinen entschuldbaren Fehler seitens des Verwaltungsgerichtshofes handle, eine Staatshaftung sei daher möglich!
Es ist festzuhalten, dass der EuGH grundsätzlich nicht an die Schlussanträge des Generalanwaltes gebunden ist; in der Praxis folgt er ihnen aber meist. <--

Schlussantrag des Generalanwaltes Philippe Léger vom 8. April 2003, C-224/01
Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Vertragsstrafen in Bauverträgen

Mit Urteil vom 23. Jänner 2003 entschied der Deutsche Bundesgerichtshof über die Wirksamkeit von Vertragsstrafklauseln in Bauverträgen.

Im gegenständlichen Fall war der Auftragnehmer bei Überschreiten der vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermine zur Zahlung eines Pönales von 0,15% des Pauschalpreises pro Werktag Verspätung, insgesamt höchstens zu 10% der Auftragssumme des entsprechenden Bauabschnittes verpflichtet. Im zugrunde liegenden Sachverhalt belief sich die Auftragsumme auf 28,2 Millionen DM. Der Auftraggeber beanspruchte die Vertragsstrafe im höchsten Ausmaß von 2,82 Millionen DM.

In Abweichung der bisherigen Rechtssprechung urteilte der Bundesgerichtshof, dass eine Vertragsstrafe in Höhe von 10% der Auftragssumme den Auftragnehmer zu sehr benachteilige. Eine Vertragsstrafe in Höhe von 5% sei ausreichend.

Bereits vereinbarte Vertragsstrafen bis zur Höhe von 10% sollen deswegen allerdings nicht unwirksam sein. Der Bundesgerichtshof erachtet ein Pönale in Höhe von 10% bei Auftragssummen bis ca. 13 Millionen DM als unbedenklich. Derartige Klauseln sind erst dann generell gemäß § 307 BGB unwirksam, wenn die Verträge nach Bekannt machen vorliegender Entscheidung abgeschlossen werden. <--

Urteil vom 23. Jänner 2003 des Bundesgerichtshofes - VII ZR 210/01
Mag. Sonja Raus, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit versus Gemeinschaftsrecht?

Ein Umweltschutzverein veranstaltete eine zweitägige Demonstration auf der Brenner-Autobahn, um auf die steigende Umweltbelastung durch den Transitverkehr aufmerksam zu machen. Der Verein meldete die Demonstration bei den zuständigen Behörden an, welche die Demonstration als zulässig erachteten. Zudem unterrichtete der Verein die Medien, welche die Information an österreichische, deutsche und italienische Verkehrsteilnehmer verbreiteten. Die Demonstration fand zum angekündigten Zeitpunkt statt und hatte eine 30-stündige Blockade der Brenner-Autobahn zu Folge.

Ein durch diese Demonstration an der Durchführung von Transporten von Italien nach Deutschland verhindertes Unternehmen klagte daraufhin die Republik Österreich auf Schadenersatz wegen einer unzulässigen, mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbaren, Beschränkung des freien Warenverkehrs. Fünf LKWs der Firma waren aufgrund der Demonstration und des Wochenend- und Feiertagsfahrverbots insgesamt an vier aufeinanderfolgenden Tagen blockiert gewesen.

Das OLG Innsbruck fragte den EuGH dazu, ob der Grundsatz des freien Warenverkehrs die Mitgliedsstaaten verpflichte, Transitstrecken frei zu halten und ob diese Verpflichtung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorgehe.

Grundsätzlich müssen die Mitgliedstaaten die Freiheit des Warenverkehrs gewährleisten. Ergreift der Mitgliedstaat nicht die geeigneten Maßnahmen um Beschränkungen des Warenverkehrs zu beseitigen, so kann er belangt werden.

Bei der Blockade der Brenner-Autobahn als einer wichtigen Nord-Süd Transitverbindung kommt dieser Verpflichtung der Mitgliedstaaten besondere Bedeutung zu. Die Genehmigung der Demonstration kann eine Beeinträchtigung des Freien Warenhandels darstellen und ist daher prinzipiell mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, wenn es nicht objektiv gerechtfertigt werden kann.

Bei Prüfung der Rechtfertigung ist auf das Ziel zu achten, welches die Behörden mit der Genehmigung der Demonstration vor Augen hatten. Im vorliegenden Fall war es die Wahrung der Meinungsäußerung- und Versammlungsfreiheit der Demonstranten, die als Grundrechte durch die österreichische Verfassung und die EMRK garantiert werden. Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen der Freiheit des Warenverkehrs und dem Schutz der Grundrechte ist anhand der Umstände im Einzelfall vorzugehen.

Die Blockade der Brenner-Autobahn verlief friedlich, die Demonstranten übten ihr Recht auf Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit rechtmäßig aus. Insbesondere verständigten die Demonstranten eventuell betroffenen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig und sie blockierten nur eine einzige Strecke ein einziges Mal. Dadurch hatten die Behörden die Möglichkeit geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen der Blockade möglichst gering zu halten. Die nationalen Behörden konnten somit annehmen, dass das mit der Demonstration verfolgte Ziel, nicht mit Maßnahmen erreicht werden konnte, die den Freien Warenverkehr geringer beeinträchtigt hätten.
Demzufolge sprach der Gerichtshof, dass die Genehmigung der Demonstration nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Freien Warenverkehr und dem Grundrechtsschutz für Demonstranten führt, sondern vielmehr das rechtliche Gleichgewicht gewahrt wird. Somit ist gegen die österreichischen Stellen kein Vorwurf zu erheben, der eine Haftung der Republik Österreich auslösen würde. <--

Urteil des EugH in der Rechtssache C-112/00, vom 12.06.2003

Mag. Sonja Raus, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Offenlegung der ORF-Einkommensdaten möglich

Der Europäische Gerichtshof beschäftigte sich nun in einem Vorabentscheidungsverfahren mit einer Frage, die der Oberste Gerichtshof und der Verfassungsgerichtshof eingeleitet hatten. Es ging dabei darum, ob es nach dem Gemeinschaftsrecht (insbesondere nach der Gemeinschaftsrichtlinie über den Schutz personenbezogener Daten) zulässig ist, dass der Rechnungshof in seinem Jahresbericht Daten über Bezüge und Ruhensbezüge von Arbeitnehmern öffentlicher Einrichtungen samt Namen der Allgemeinheit zugänglich macht.

Bisher haben sich der ORF und auch andere öffentliche Unternehmen, Gebietskörperschaften und gesetzliche Interessenvertretungen geweigert, ihre Einkommensdaten an den Rechnungshof weiterzugeben. Zwei Arbeitnehmer des ORF wollten dies durch Anrufung des Obersten Gerichtshofes auch für die Zukunft verhindern.
Der EuGH stellte nun fest, dass insbesondere nach dieser Gemeinschaftsrichtlinie Grundrechte und Grundfreiheiten, darunter fällt auch der Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen, bei der Verarbeitung personenbezogener Daten einzuhalten seien. Zu den gemeinschaftsrechtlich geschützten Grundrechten gehöre unter anderem auch die der EMRK, die gemäß Art. 8 ebenfalls den behördlichen Eingriff in die Privatsphäre schützt.
Unter bestimmten Voraussetzungen lasse die EMRK allerdings einen Eingriff zu. Nämlich immer dann, wenn der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist, diese Regelung ein berechtigtes Ziel verfolgt und auch notwendig ist.

Im obgenannten Fall ist der Eingriff sehrwohl im österreichischen Gesetz vorgesehen; die sparsame und sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel stellt darüber hinaus auch einen berechtigten Zweck dar. Der ORF und andere Einrichtungen könnten danach in Zukunft tatsächlich gezwungen sein, die Bezüge und Ruhensbezüge ihrer Mitarbeiter öffentlich zu machen!
Nach der Entscheidung des EuGH müssen nun die nationalen Gerichte noch über die Notwendigkeit und Angemessenheit entscheiden und dabei auch das Erfordernis der Vorhersehbarkeit prüfen.
Wenn all das bejaht wird, könnten diese Zahlen bald im Jahresbericht des Rechnungshofes öffentlich und transparent gemacht werden. <--

EuGH vom 20.05.2003, C-465/00

Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Verwaltungsgerichthof entscheidet: Arbeitslosengeld für aktive Politiker

Die Frage, ob eine entgeltlich ausgeübte politische Funktion die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zwingend ausschließt, wurde zuletzt in mehreren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes behandelt.

Dazu ist anzumerken, dass ein "normaler" Arbeitnehmer, sobald er mit seinem Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze von € 301,54 überschreitet, sofort den Anspruch auf Arbeitslosengeld verliert. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einigen Entscheidungen die Grenze für Politiker beträchtlich höher angesetzt.

Bei Politikern komme es zuerst darauf an, ob das Einkommen auch einen "angemessenen" Beitrag zum Lebensunterhalt leistet. Darüber hinaus muss die Tätigkeit auch in ihrer Ausgestaltung eine Beschäftigung im Sinne des Arbeitslosengesetzes darstellen. Wenn also neben der politischen Tätigkeit noch genug Zeit bleibt einer anderen Beschäftigung nachzugehen - und dies aufgrund seiner politischen Funktion auch möglich ist -, kann der Anspruch auf Arbeitslosengeld aufrecht bleiben.

Einer der Beschwerdeführer war als Gemeinderat, natürlich gegen Entgelt in der Höhe von € 434,-- (abzüglich Kranken- und Unfallversicherung), tätig. Dennoch stellte er einen Antrag auf Arbeitslosengeld, welcher durch Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices abgewiesen wurde. Schlussendlich wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, denn diese politische Tätigkeit könne nicht als eine Beschäftigung im Sinne des Arbeitslosengesetzes gewertet werden!

Solche Entscheidungen wurden nun schon mehrmals durch den Verwaltungsgerichtshof getroffen. Die monatlichen Einkünfte, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld - allerdings nur für Politiker - nicht ausschließen, bewegten sich zwischen € 290,-- und € 830,--. Eine abschließende ziffernmäßige Begrenzung wurde jedoch noch nicht getroffen… <--

VwGH Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2002/08/0239

Mag. Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder


Oberster Gerichtshof verpflichtet Gewinnzusagenunternehmen zur Nennung der Firmenbuchdaten bei ihren Aussendungen.

In der Vergangenheit ist es oftmals vorgekommen, dass Gewinnzusagenunternehmen bei ihren Aussendungen die gemäß § 14 HGB geforderten Angaben betreffend Rechtsform, Sitz, Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht nicht angegeben haben.

Auf diese Weise war es dem Unternehmen möglich, gewissermaßen anonym zu agieren bzw war das Ausforschen des hinter der Zusendung stehenden Unternehmens sowohl für die Verbraucher, aber sogar für Rechtsanwälte schwierig. In dem nun durch den OGH entschiedenen Verfahren wurde wegen Verstoßes gegen § 14 HGB gegen den Vorstand der EVD Direktverkauf AG (nunmehr: IVH Versandhandel GmbH) eine Zwangsstrafe von € 2.000,-- verhängt. Diese Zwangsstrafe wurde sowohl vom OLG Wien als auch vom OGH mit der Entscheidung vom 20.3.2003, 6 Ob 21/03m, bestätigt.

Der OGH führt aus, dass sämtliche von den Anzeigern beim Erstgericht vorgelegten Schreiben als Geschäftsbriefe im Sinne des § 14 Abs 1 HGB zu qualifizieren sind, unabhängig davon, ob sie auf einer Postkarte, auf einem Telegramm, einem Scheck oder einer Postanweisung oder ob der Text auf dem Kuvert selbst aufgeschienen ist. Schließlich befasst sich der OGH nun mit der Rechtsfrage erheblicher Bedeutung, ob der Ausnahmetatbestand des § 14 Abs 3 HGB, nämlich eine bestehende Geschäftsverbindung, vorliegt. Dies wird jedoch vom OGH verneint und darf hierzu festgehalten werden, dass eine bestehende Geschäftsverbindung mit sämtlichen Adressaten einer Aussendung mit erheblicher Auflage zu Recht verneint werden kann. Die EVD Direktverkauf AG hat im Jahr 2001 allein 40,5 Mio Werbeträger versandt.

Festzuhalten ist sohin positiv für den Verbraucher, dass Gewinnzusagenunternehmen gemäß § 14 HGB und der nun vorliegenden erstmaligen Entscheidung des OGH zu dieser Frage jedenfalls die entsprechenden Daten anzuführen haben. Erfreulich ist weiters, dass seit der Verhängung der ersten Zwangsstrafe zumindest die in Österreich ansässigen Unternehmen, wenn auch kleingedruckt und oftmals normal auf die Leserichtung angebracht, Daten gemäß § 14 HGB aufweisen.

Das vorliegende Musterverfahren und die Entscheidung des OGH sind daher ein weiterer Meilenstein zum Schutz der Verbraucher vor Gewinnzusagen. <--

OGH vom 20.03.2003, 6 Ob 21/03m


Gelten Bereitschaftsdienstzeiten eines Arztes in einem Krankenhaus in vollem Umfang als Arbeitszeit?

Herr Jaeger arbeitet als Arzt in einem Krankenhaus in Kiel. Dort leistet er monatlich sechs Bereitschaftsdienste, die je nach Wochentag 16, 18, 5, 25, bzw. 22 Stunden dauern und durch Freizeitausgleich bzw. Überstundenvergütung abgegolten werden.
In Deutschland gelten Ruhezeiten, in denen nicht gearbeitet wird als Ruhezeit, für die keine Entlohnung gebührt.
Herr Jaeger vertrat die Meinung, dass der Bereitschaftsdienst Arbeitszeit sei, die vergolten werden müsse.

Im Zuge des Rechtsstreits ersuchte das deutsche Gericht den EuGH um Auslegung einzelner Bestimmungen der Gemeinschaftsrichtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Im Besonderen ging es um die Frage, ob es sich bei Bereitschaftszeiten, die von Ärzten in Krankenhäusern geleistet werden, in vollem Umfang um Arbeitszeit handelt, soweit es ihnen in Zeiten, in denen sie nicht in Anspruch genommen werden, gestattet ist, an Ort und Stelle zu schlafen.

Am 8. April 2003 trug der Generalanwalt Ruiz-Jarabo seine Schlussanträge vor:

Die Richtlinie stellt drei Kriterien für die Bestimmung der Arbeitszeit auf, nämlich
- dass der Arbeitnehmer arbeitet,
- dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und
- seine Tätigkeit ausübt.
Der Generalanwalt vertritt die Meinung, dass im Fall des Herrn Jaeger die ersten beiden Kriterien erfüllt sind, sodass die für die meisten Fälle maßgeblichen Bedingungen für die Einstufung als Arbeitszeit erfüllt sind.
Zwar sind diese drei Kriterien entsprechend den nationalen Gepflogenheiten anzuwenden, dies bedeute aber nicht, dass ein Mitgliedstaat die Auffassung vertreten könne, dass ein Arzt, der einen Bereitschaftsdienst verrichte, in Zeiten, in denen er untätig sei und darauf warte zum Einsatz gerufen zu werden, dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehe.
Außerdem trage der Umstand, dass dem Arzt ein Bett zur Verfügung stehe dazu bei, dass er die Patienten angemessen versorgen könne

Daher vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass es sich beim Bereitschaftsdienst, den ein Arzt in einem Krankenhaus leistet, in vollem Umfang um Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung handelt. Somit könnten Zeiten der Untätigkeit nicht als Ruhezeiten eingestuft werden.

Die Rechtssache ist derzeit in Beratung: Das Urteil des EUGH wird demnächst erwartet.

Schlussanträge des Generalanwalts Damaso Ruiz-Jarabo vom 08.04.2003 - C-
151/02

Mag. Doris Hromatka, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Gerold Beneder <--


Oberster Gerichtshof verschärft Rechtsprechung gegen
Gewinnzusagenunternehmen

Die vorliegende Entscheidung ist, soweit überblickbar, erst die zweite Entscheidung des OGH zur materiellen Berechtigung eines Gewinnzusagenanspruchs. In der vorliegenden Entscheidung wurde nun die Rechtsprechung des OGH zum Schutz der Verbraucher betreffend Gewinnzusagenunternehmen neuerlich verschärft. Entgegen der Meinung des Instanzgerichtes wurde die außerordentliche Revision zugelassen und entgegen der Meinung der Gerichte erster und zweiter Instanz dem Verbraucher der Betrag von € 25.000,-- aus der Gewinnzusage zugesprochen.

In der Sache selbst befanden sich die Teilnahmebedingungen auf der Innenseite des Kuverts und verwies das Gewinnzusagenunternehmen auf einen Notar. Hinweise auf Teilnahmebedingungen waren lediglich an untergeordneter Stelle angebracht. Dafür wurde dem Konsumenten mitgeteilt, dass seine Gewinnnummer nach dem Zufallsprinzip vom Computer ermittelt wurde und er seinen Gewinn mit niemandem teilen müsse. Der OGH betonte nochmals, dass es bei der Auslegung der Gewinnzusage auf einen durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfänger ankommt.

Nach Meinung des OGH genügt es, wenn der Verbraucher es für ernstlich möglich hält, dass er der Gewinner ist, wenn die Gewinnzusage unklar oder verwirrend formuliert ist. An untergeordneter Stelle verwendete Formulierungen wie "Vielleicht gehören die € 25.000,-- schon in kurzer Zeit Ihnen" oder "Dann sind Sie potenzieller Gewinner" können das Gewinnzusagenunternehmen nicht befreien, da es auf den Gesamteindruck der Urkunden ankommt und es für den Adressaten nicht erkennbar ist, in welchen Sätzen das werbende Unternehmen die "maßgeblichen" Informationen untergebracht haben will.

Nach Meinung des OGH sollen nur solche Zusendungen vom Anwendungsbereich des § 5j KSchG ausgenommen werden, die von vornherein keinen Zweifel offen lassen, dass es sich um ein Preisausschreiben handelt. Pointiert bringt der OGH seine Auffassung zu Gewinnzusagen mit folgendem Satz zum Ausdruck:

"Es verwundert, wenn sich die beklagte Partei nun gerade dagegen wehrt, dass sich ein angesprochener Kunde auf den Standpunkt stellt, er habe durch die Zusendung gerade jenen Eindruck - nämlich den, gewonnen zu haben - erlangt, den die beklagte Partei ersichtlich hervorrufen wollte."

Das vorliegende Urteil ist aus der Sicht der Verbraucher uneingeschränkt zu begrüßen.

OGH vom 28.2.2003, 1 Ob 303/02 <--


Verdeckte Videoüberwachung eines Arbeitnehmers

Der Beklagte installierte, nachdem jahrelang steigende Inventurdifferenzen nicht ausfindig gemacht werden konnten, verdeckte Videokameras im Kassen- und Leergutbereich seines Getränkemarktes. Aus den Aufnahmen ging hervor, dass die spätere Klägerin unter dringendem Verdacht stand, Gelder unterschlagen zu haben. Der Beklagte hörte die Klägerin an und entschloss sich, nach Einholung der Zustimmung des Betriebsrates, die Klägerin fristlos zu entlassen bzw. hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Die Klägerin bestritt die Anschuldigungen und meinte, dass die heimlich gemachten Videoaufnahmen nicht als Beweismittel verwendet werden dürften. Darüber hinaus sei der Betriebsrat nicht vor der Anbringung der Kameras informiert worden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung der Klägerin beim Landesarbeitsgericht wurde zurückgewiesen.

Die Revision beim deutschen Bundesarbeitsgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg. Es wurde festgestellt, dass die heimliche Überwachung mit Videokameras einen Eingriff in das gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht darstellt. Besondere Umstände könnten jedoch den Eingriff rechtfertigen. Natürlich gelte trotzdem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In gegenständlichen Fall rechtfertigten die heimlich begangenen strafbaren Handlungen den Eingriff. Es bestand ein hinreichend konkreter Verdacht, der nicht oder nur schwer auf andere Weise hätte geklärt werden können. Dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Installation verletzt wurde, führe nicht zu einem Verwertungsverbot im Prozess, weil dieser in Kenntnis des Beweismittels der Kündigung zugestimmt hatte.

BAG, Urteil vom 27.3.2003 - 2 AZR 51/02

Elisabeth Schmidl, Rechtsanwaltskanzlei Mag. Beneder


Rufdatenermittlung zulässig gegen Journalisten, der mit Straftätern in Kontakt steht.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat im März dieses Jahres die von einigen Journalisten erhobenen Verfassungsbeschwerden betreffend die Verfassungswidrigkeit der Erteilung von Auskünften über die Verbindungsdaten ihrer Telefongespräche zurückgewiesen.
Von den Journalisten wurde angenommen, dass sie in Kontakt mit mutmaßlichen Straftätern standen. Im Einzelnen ging es um folgende Sachverhalte: Zwei Journalisten recherchierten für die ZDF-Sendung "frontal" im Fall des Dr. Jürgen Schneider, der weltweit wegen zahlreicher Wirtschaftsstrafdaten gesucht wurde. Die Journalisten gelangten während ihrer Untersuchungen in den Besitz eines Tonbandgerätes, auf der sich Dr. Schneider zu den gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren äußerte. Um Aufschlüsse über den Aufenthaltsort des damals noch flüchtigen Beschuldigten zu erhalten, ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft und auf Grundlage des § 12 FAG an, dass die Telekom Auskunft über die Verbindungsdaten für einen Mobilfunkanschluss des ZDF zu erteilen habe.

Der andere Fall betraf eine Journalistin, die im Fall des Hans-Joachim Klein, der als Mittäter an einem terroristischen Anschlag der RAF auf die OPEC-Konferenz im Jahre 197 verdächtigt wurde, berichtet hatte .Die Staatsanwaltschaft erhielt Hinweise, dass die Journalistin erneut recherchiere und mit Kein in Kontakt stehen könne. Auch in diesem Fall wurde auf Grundlage des § 12 FAG angeordnet, Auskunft über die Verbindungsdaten zu erteilen, wodurch Klein gefasst werden konnte.

Die Entscheidung stützt sich auf folgende Gründe: Grundsätzlich sei es Sache des Gesetzgebers, im Zuge einer Abwägung zu klären, inwieweit das Strafverfolgungsinteresse gegenüber dem Interesse der Medien an der Geheimhaltung ihrer Recherchen zurücktreten soll. Zwar stellt die angeordnete Auskunftserteilung über die Verbindungsdaten der Kommunikation einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis des Art 10 Abs. 1 GG dar, dieser sei aber durch § 12 FAG gerechtfertigt. Die Anordnung habe dem legitimen öffentlichen Zweck der Aufklärung und Verfolgung schwerer Straftaten gedient und wäre geeignet gewesen, den Aufenthaltsort der gesuchten Beschuldigten in Erfahrung zu bringen. Es sei kein milderes, die Beschwerdeführer weniger belastendes Mittel ersichtlich.
Ein derart schwerwiegender Eingriff in das Fernmeldegeheimnis sei nur dann verhältnismäßig, wenn die Gegenbelange entsprechend wichtig sind. Vor allem müsse die Straftat von erheblicher Bedeutung sein, es müsse ein konkreter Tatverdacht bestehen und es müsse eine sichere Tatsachenbasis für die Annahme bestehen, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen in Verbindung steht. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen haben die Gerichte in den Ausgangsverfahren als gegeben angesehen. Der Richtervorbehalt sei ebenfalls beachtet worden.
Auch sei die Einordnung der Beschwerdeführer als Nachrichtenmittler zutreffend. Allerdings müssen immer konkrete Anhaltspunkte für eine Kontaktaufnahme zwischen Journalisten und Verdächtigem gegeben sein.

BverfG, Urteil vom 12.3.2003 - 1 BvR 330/96
Mag. Doris Hromatka
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Pflicht des Dienstherrn zur Nennung von Personen, die einen Beamten der Korruption bezichtigt haben

Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat im Februar diesen Jahres eine wichtige Entscheidung zur Vorgehensweise bezüglich eingehender Hinweise aus der Bevölkerung getroffen. Wird nämlich ein Beamter - nachweislich wider besseren Wissens oder leichtfertig - der Korruption bezichtigt, so ist dessen Dienstherr verpflichtet, dem Beamten den Denunzianten zu nennen. Dies auch dann, wenn dem Informanten Vertraulichkeit zugesichert wurde.

Diese Entscheidung gründet sich auf einen Fall, der sich 1995 zugetragen hat. Eine Personaldezernentin eröffnete dem Sachbearbeiter der Führerscheinstelle, dass es Hinweise aus der Bevölkerung gebe, er hätte Fahrerlaubnisse gegen Geld erteilt. Es wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Verdacht eines Dienstvergehens konnte jedoch nicht aufrecht erhalten werden. Vergeblich ersuchte der Beamte seinen Dienstherrn um Bekanntgabe des Informanten. Auch die Bitte, der Dezernentin für ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung eine Aussagegenehmigung für die Namensnennung zu erteilen, blieb unerfüllt.

Die Sache wurde nun vom Bundesverwaltungsgericht an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Wenn ein Informant einen Beamten leichtfertig oder wider besseres Wissens beschuldigt, müsse das Interesse des Dienstherrn, aus der Bevölkerung vertrauliche Hinweise zur Korruptionsbekämpfung zu erhalten, zurücktreten. Ob dies zutrifft, wird nun das Oberverwaltungsgericht, in einem besonderen Verfahren unter Ausschluss der Parteien, festzustellen haben.

BverwG vom 27.2.2003 - 2 C 10/02
Elisabeth Schmidl


Stärkung der Rechtsposition des einfachen Nebenintervenienten

"Auch dem nicht streitgenössischen Nebenintervenienten sind Ausfertigungen der in dem Verfahren, dem er beigetreten ist, ergangenen Entscheidungen wie der Hauptpartei zuzustellen. Die ihm offen stehende Rechtsmittelfrist beginnt mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung."

Mit diesem Rechtssatz des verstärkten Senats vom 13.12.2002 geht der Oberste Gerichtshof von seiner bisherigen Rechtssprechung ab. Nach ständiger Rechtsprechung konnte der Nebenintervenient nämlich nur innerhalb der der Hauptpartei offen stehenden Frist ein Rechtsmittel erheben. Es wurde auch wiederholt ausgesprochen, dass dieser auch kein Recht auf Zustellung einer Entscheidungsausfertigung oder einer Rechtsmittelfrist hat. Angesichts dessen, dass sich aber die Wirkung materiell rechtskräftiger zivilgerichtlicher Urteile auch auf etwaige Regressprozesse auswirkt, war dies problematisch. Probleme traten z.B. dann auf, wenn die Hauptpartei den Nebenintervenienten erst einige Zeit nach Zustellung der Entscheidung darüber in Kenntnis gesetzt hat und dadurch die Frist zur Rechtsmittelerhebung verkürzt hat. Behauptungen, dass in der verkürzten Frist nicht alle Gründe ermittelt und ins Treffen geführt werden konnten, waren dem Prozessalltag keineswegs fremd.

Der verstärkte Senat des OGH entschied nun, dass die Entscheidung dem Nebenintervenienten selbst dann zuzustellen ist, wenn er erst im Rechtsmittelverfahren beitritt. Sofern die Frist für die Hauptpartei noch nicht abgelaufen ist, wird die Rechtsmittelfrist für ihn erst durch diese Zustellung in Gang gesetzt. Dies stehe weder dem Wortlaut noch dem Sinngehalt des § 19 Abs. 1 erster Satz ZPO entgegen. Weiters führt der Senat in seinen Entscheidungsgründen aus, dass es schon mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung und dem Recht auf ein faires Verfahren nicht zu vereinbaren sei, den Beginn der Rechtsmittelfrist für den Nebenintervenienten an die Zustellung an die Hauptpartei zu binden.

OGH vom 13.12.2002 - 1 Ob 145/02h
Elisabeth Schmidl
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Vergaberecht: Schlussantrag des Generalanwaltes Jean Mischo, Fritsch, Chiari & Partner, Ziviltechniker GmbH u.a. gegen Asfinag

Vom Sachverhalt her hat der Bieter zwar das Bundesvergabeamt, nicht jedoch vorher die Bundesvergabekontrollkommission angerufen.

Der Auftraggeber (Asfinag) hat deshalb argumentiert, dass mangels Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten der Bieter in Wahrheit kein ausreichendes Interesse an diesem Auftrag hatte, da er ansonsten sämtliche Möglichkeiten der Durchsetzung seines Anbotes ausgeschöpft hätte.

Der Generalanwalt kann diesen Ausführungen nicht folgen und hält fest, dass aus den EU-Richtlinien nicht folgt, dass ein Unternehmen nur dann ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat, wenn er zusätzlich zur Teilnahme am Vergabeverfahren alle ihm gemäß den nationalen Rechtsvorschriften zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreift, um das Anbot eines anderen Bieters zu verhindern und dadurch die Zuschlagserteilung auf sein eigenes Anbot herbeizuführen.

Der Generalanwalt hält jedoch fest, dass es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen bleibt, in Übereinstimmung mit den EU-Richtlinien festzulegen, dass ein Bieter nur dann ein Interesse an einem Auftrag hat, wenn er zusätzlich zur Teilnahme am Vergabeverfahren alle ihm gemäß seiner nationalen Rechtsvorschriften zustehenden Maßnahmen ergreift. Im gegenständlichen Fall ist der Generalanwalt auch noch der Auffassung, dass zu prüfen ist, ob es dem Bieter zumutbar gewesen ist, die Bundesvergabekontrollkommission anzurufen.

Schlussantrag vom 25.2.2003, Rechtssache C-410/01 <--


Antrag Argentiniens auf Erlass einstweiligen Rechtsschutzes wegen Staatsnotstand ohne Erfolg

Die Republik Argentinien beantragte erfolglos beim LG Frankfurt a.M. einstweiligen Rechtsschutz aufgrund durch Zahlungsunfähigkeit verursachten Staatnotstands in Hinblick auf eine möglicherweise positiv entschiedene Zahlungsklage gegen die Republik Argentinien.

Argentinien berief sich dabei auf Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz sowie auf das Recht auf den gesetzlichen Richter. Die Republik argumentierte, dass das Bestehen einer anerkannten völkerrechtlichen Notstandsregel außer Acht gelassen worden sei und somit eine Vorlage an das BverfG unterblieb.

Die Entscheidung stützt sich auf folgende Gründe. Das Ergreifen eines anderen Rechtsmittels sei nicht von vorneherein aussichtslos. Vielmehr hätte Argentinien im normalen Rechtsweg das Landgericht aufmerksam machen müssen, dass eine Vorlagepflicht an das BVerfG besteht. Zudem wurde vorbeugender Rechtsschutz gegen eine noch nicht ergangene Entscheidung als nicht notwendig erachtet, da der Antragstellerin auch nach positiver Entscheidung des Verfahrens noch weitere Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, um eine drohende Vollzugshandlung abzuwenden.

BverfG, Beschluss vom 13.2.2003 – BvQ 3/03
Mag. Sonja Raus <--


Richtungsweisende Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes zu Gewinnzusagen

Der deutsche Bundesgerichtshof bejaht für eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB die Zuständigkeit am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers entweder aufgrund der internationalen Zuständigkeit für Verbrauchersachen oder aus unerlaubter Handlung.

Mit der Entscheidung vom 11.7.2002 hat der Europäische Gerichtshof bereits die Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ausdrücklich bejaht, wenn die Gewinnzusage von einer Warenbestellung abhängig gewesen ist.

Im nun beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren hatte der Verbraucher keine Warenbestellung durchgeführt und war auch nicht ersichtlich, dass eine Warenbestellung zwingende Voraussetzung für die Gewinnzusage gewesen ist.

Der deutsche Bundesgerichtshof erachtet ein Vorabentscheidungsverfahren für entbehrlich, da die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt. Auch die überwiegende Anzahl der österreichischen Gerichte bejaht die inländische und örtliche Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers.

Da sich der österreichische § 5j KSchG mit § 661a BGB fast wortgleich deckt und die internationalen Vorschriften im europäischen Raum dieselben sind, ist daher davon auszugehen, dass auch der Oberste Gerichtshof zu einer verbraucherfreundlichen Entscheidung kommen wird.
(Urteil des BGH vom 28.11.2002, III ZR 102/02) <--


Baurecht Niederösterreich und Wien

CD-ROM, 3. Auflage 2002, MANZ Verlag, € 89,--.

Das vorliegende Werk ist ein sympathischer Arbeitsbehelf für den Baurechtler. Die Installation erfolgt problemlos. Die Arbeitsmaske ist in drei übersichtliche Gebiete strukturiert: Gesetze, Judikatur und Literatur. Oben befindet sich der Button „Niederöstereichische und Wiener Gesetzesmaterialien“. In der Mitte ist der Judikatursektor, wo sich hinter den bekanntesten Begriffen und Schlagworten wie etwa „Nachbarrecht“, „Parteistellung“, „Bauverbot“ etc. Bezug habende Judikatur befindet. Die Erkenntnisse sind chronologisch geordnet mit einem allenfalls vorhandenen Fundstellenachweis.

Es ist sicher vorteilhaft für den besseren Überblick, wenn die Erkenntnisse nur in Rechtssatzform vorliegen. Den Volltext muss man sich dann allerdings entweder über das RIS oder entsprechende CD-ROM des VwGH besorgen.

Die Abfragemaske weist unten einen Literatursektor auf, wo 20 baurechtlich relevante Kurzveröffentlichungen aus letzter Zeit zusammengefasst sind. So beispielsweise eine Risikocheckliste für Altlasten bei Liegenschaften oder eine Veröffentlichung von Krejci zur Vertragsstrafe im Bauvertrag.

Besonders benutzerfreundlich ist die Volltextsuchfunktion, die naturgemäß das effiziente Auffinden der entsprechenden Gesetzesbestimmungen sowie Entscheidungen gewährleistet.
Zusammenfassend ist sohin die rezensierte CD-ROM ein effizienter und Kosten sparender Arbeitsbehelf bei der Lösung baurechtlicher Probleme
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Handbuch Bauvertrags- und Bauhaftungsrecht

Band I: Rechtssicher planen und Verträge schließen,
Band II: Rechtssicher bauen.

Von Manfred P. Straube, Josef Aicher (Hrsg), unter Mitwirkung der Autoren Josef Aicher / Hans Gölles / Brigitte Gutknecht / Georg Karasek / René Kempf / Walter Lattenmayer / Reinhold Moritz / Manfred P. Straube. Verlag Manz, Stand 1.6.2002,

Lose-Blatt-Sammlung. Band I € 138,--, Band II € 148,--.

Das vorliegende Werk wurde von einem hochkarätigen Autorenteam und von Praktikern für Praktiker erstellt. Soweit bekannt, handelt es sich um die kompakteste Sammlung aller rechtlichen Materien in Zusammenhang mit dem Bauvertragsrecht. Die Gliederung der einzelnen Kapitel ist wohl durchdacht. In formeller Hinsicht ist festzuhalten, dass der Aufarbeitung der Materie ein Inhaltsverzeichnis und Schlüsselfragen vorangestellt sind, die die häufigsten Probleme und Fragen in Zusammenhang mit der behandelten Materie aufwerfen. Besonders wohltuend sind vereinzelt vorliegende Checklisten etwa zum Bauvertrag oder Vertragsmuster, z. B. eines Arbeitsgemeinschaftsvertrages oder eines Architektenvertrages. Zu diesen Musterverträgen ist festzuhalten, dass fallweise in Fußnoten die Vor- und Nachteile einzelner Klauseln noch kurz erläutert werden. Diese Hinweise sind für Kollegen, die derartige Verträge seltener entwerfen, als Denkanstöße sehr hilfreich.

Ich habe zwar gegen Lose-Blatt-Sammlungen eine gewisse Abneigung, empfinde sie jedoch beim vorliegenden Werk eher als Vorteil. So konnten die Novellen zum Gewährleistungsrecht und die neue ÖNORM B 2110 in der Fassung ab dem 1.3.2002 mühelos in das Werk integriert werden.

In den beiden Bänden werden klassische Probleme des Baurechts wie zB Probleme in Zusammenhang mit Arbeitsgemeinschaften (Probleme der Aktiv- und Passivlegitimation im Bauprozess), des Baugrundrisikos, der Übernahme des Werkes und der Mehrleistung behandelt genauso wie eher exotische Aspekte des Bauwerkvertrages wie die Bauwesen- und Bauhaftpflichtversicherung sowie die Wohnbauförderung.

Band I befasst sich mit dem Architektenvertrag, dem Bauwerkvertrag, der Versicherung, der Problematik von Generalunternehmer und Subunternehmer, der Bau-ARGE, der Wohnbauförderung und der Baugenehmigung.

Band II behandelt die Bauleistung, die Baupreisbildung und Baupreisanpassung, die Enteltvereinbarung und Sicherstellung, die Mehrkostenansprüche bei Leistungsänderungen, Behinderung, Pönale Verzug, Mängel, Gewährleistung und Schadenersatz, Warnpflicht, Übernahme, Vertragsbeendigung, Haftung gegenüber Dritten und die Durchsetzung der Ansprüche im Bauprozess und im Schiedsverfahren.
Diese Aufzählung der einzelnen Kapitel ist zwar wenig spannend, aber zur Darstellung der Kompaktheit des rezensierten Werkes unerlässlich.

Als wesentlichster Eindruck nach Befassung mit dem Buch verbleibt der, dass nahezu jedes Problem des Bauvertrags- und Bauhaftungsrechts in verständlicher Form lösbar dargestellt wird. Dieses Buch empfiehlt sich sohin nicht nur für Juristen, sondern auch für sämtliche mit der Bauwirtschaft befassten Berufe. <--


Die Textierung: "Rechtsanwalt zum Telefontarif! Keine weitere Kosten...."

ist unsachlich marktschreierisch und der Seriosität des Standes abträglich
"Rechtsanwalt zum Telefontarif! Keine weiteren Kosten! Brauchen Sie Hilfe, Rat oder Rechtsinformationen? Ob Ehestreit, Verwaltungsrecht, Strafrecht etc. Hier sind Sie richtig! Rufen Sie einfach die Telefonnummer.........." stellt jedenfalls eine
Verletzung der § 45 ff RL-BA dar, weil hier massiv ein Anschein marktschreierischer oder sonstwie unsachlicher Anpreisung von Dienstleistungen erfolgt, welcher der für den anwaltlichen Berufsstand zu fordernden Seriosität krass zuwiderläuft. <--

Geschäftszahl 13 Bkd 5/02
Norm RL-BA §45; RL-BA §46; RL-BA §47


Kostenersatz beim VwGH

Nehmen wir an, Sie waren nach einem langwierigen und aufwändigen Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof schlussendlich erfolgreich und der Bescheid wurde aufgehoben.
Man möchte somit meinen, dass Ihnen der entsprechende Schriftsatzaufwand samt Barauslagenersatz zusteht. Stimmt, jedoch mit einer Einschränkung: Für Rechtsanwälte in eigener Sache trifft dies nicht zu. Ein Akt der Diskriminierung von Rechtsanwälten? Weit gefehlt. Seit dem Erkenntnis vom 5.9.1997, Slg. N.F. 14.726/A, steht dem Rechtsanwalt in einem Verfahren in eigener Sache gemäß den §§ 47 ff VwGG kein Schriftsatzaufwand zu. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 22.6.2001, GZ 2001/13/0012, neuerlich bestätigt. Es liegt daher nahe, dass auch Rechtsanwälte in eigener Sache sich vertrauensvoll an ihre Kollegen zur rechtsfreundlichen Vertretung beim Verwaltungsgerichtshof wenden.
<--

 


Beschäftigung ausländischer LKW-Lenker bei österreichischem Frächter

Grundlegende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschäftigung ausländischer LKW-Lenker bei österreichischem Frächter: VwGH 27.06.2002, 2002/09/0027.
Wesentlich ist demnach (bei der Prüfung, ob eine, wie dort von der Behörde angenommen, Verletzung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtige Arbeitskräfteüberlassung vorliegt), ob tatsächlich „Arbeitskräfteüberlassung“ vorliegt oder die Ausübung einer Tätigkeit durch einen „Unterfrachtführer“ (nämlich: einen Subunternehmer). Dazu ist wesentlich, ob der (hier: ungarische LKW-Fahrer) bei der Durchführung der Transporte organisatorisch in den Betrieb der österreichischen Transportgesellschaft eingegliedert war.
<--


Rechte und Pflichten eines Vorstandsmitglieds

Die gesetzlichen Rechte und Pflichten eines Vorstandsmitglieds sind unmittelbare Rechtsfolgen der Bestellung, ergeben sich aus dem AktG und sind zwingend, also auch durch den Anstellungsvertrag nicht abänderbar.
Die (vertragliche) Einräumung einer solchen Rechtsstellung an eine Person außerhalb eines Vorstandsmandats würde ein zusätzliches Organ der Gesellschaft neben dem Organ "Vorstand" schaffen, das in der Verfassung der Aktiengesellschaft nicht vorgesehen ist. Dies ist mit dem zwingenden Charakter der Bestimmungen des AktG über die Verfassung der Aktiengesellschaft unvereinbar. <--

Geschäftszahl 4 Ob 163/02b
Norm AktG § 75


Keinen Devolutionsantrag in Disziplinarverfahren
Rechtssatz

In Verfahren vor den Rechtsanwaltskammern gibt es keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde iS des § 4 Abs 2 AVG, welche aufgrund einer generellen Zuständigkeitsvorschrift zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Verfügungen der Organe der Selbstverwaltungskörperschaft allgemein zuständig wäre und damit auch keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, auf welche die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 73 Abs 2 AVG übergehen könnte. In derartigen Verfahren findet das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 keine Anwendung; ein Antrag auf Devolution der Entscheidung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission ist daher nicht zulässig. <--

Geschäftszahl Bkv 2/02
Norm RAO allg; AVG §73; AVG §4 Abs2;


Schlussantrag der Generalanwältin des EuGH in der Rechtssache C-244/00

(Markenrecht)

Gemäß der Gemeinschaftsrichtlinie über Marken (89/104/EWG) ist ein Markenschutz dann erschöpft, wenn der Markeninhaber selbst oder jemand anderer mit seiner Zustimmung die Waren im EWR in Verkehr bringt.

Klagt der Markeninhaber einen Parallelimporteur auf Unterlassung, so trifft nach deutschem Verfahrensrecht den Parallelimporteur, wenn er sich auf Erschöpfung des Markenschutzes beruft, die Beweislast dafür, dass der Markeninhaber die Waren selbst in Verkehr gebracht hat.
Der Ansicht der Generalanwältin zufolge ist diese Beweislastregelung gemeinschaftsrechtswidrig. Ein Händler kann zwar regelmäßig darlegen, von wem er selbst die Ware erworben hat, nicht aber von wem sein Lieferant sie bezogen hat usw. Aber selbst wenn er die vollständige Absatzkette bis zum Markeninhaber darlegen kann, wird das dazu führen, dass der Markeninhaber die Lücke in seinem Vertriebssystem in Erfahrung bringt und diese schließen kann. Somit würde der Händler seine Bezugsquelle für die Zukunft verlieren. Gibt der Parallelimporteur – um das zu verhindern – seine Vorlieferanten nicht bekannt, so verliert er den Prozess. Im Ergebnis erlaubt das dem Markeninhaber, die nationalen Märkte voneinander abzuschotten. Dies wäre eine Beschränkung des freien Warenverkehrs.
Eine bessere Lösung wäre laut Generalanwältin eine Teilung der Beweislast. Der Markeninhaber müsse die Lückenlosigkeit seines Vertriebssystems in der EU darlegen. Sollte ihm das gelingen, so ist davon auszugehen, dass die Waren eines Parallelimporteurs von außerhalb des EWR stammen und das Recht aus der Marke daher nicht erschöpft ist. <--

Mag. Andreas Pscheidl, RA Kanzlei Mag. Gerold Beneder


Bahnbrechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs betreffend grenzüberschreitender irreführender Gewinnzusagen

In den letzten Jahren haben sich etwa 50 Gewinnzusagenunternehmen etabliert, welche den europäischen Raum mit irreführenden Gewinnzusagen überschwemmt haben. Der österreichische Gesetzgeber hat auf dieses Problem reagiert und die Bestimmung des § 5j KSchG geschaffen, welche Verbrauchern die Möglichkeit bietet, diese Gewinne einzuklagen.

Wirklich effizient durchführbar war dies bis heute jedoch nur bei Gewinnzusagenunternehmen mit Sitz in Österreich, da sämtliche grenzüberschreitenden Verfahren beim Obersten Gerichtshof unterbrochen worden sind, da die Zuständigkeitsfrage und die Frage des anzuwendenden Rechts nicht geklärt waren. Es war für einen Rechtsanwalt nur sehr schwer, seinem Mandanten zu erklären, dass diese Frage seit mehr als zwei Jahren beim Europäischen Gerichtshof einer Überprüfung unterzogen wird.

Die lange Wartedauer hat sich jedoch nunmehr für die Verbraucher ausgezahlt. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner bahnbrechenden Entscheidung vom 11.7.2002 klargestellt, dass frustrierte grenzüberschreitende Gewinnzusagen am Gericht des Wohnsitzes des Verbrauchers nach österreichischem Recht eingeklagt werden können. Der Oberste Gerichtshof hält fest, dass der Verbraucher in einer schutzwürdigen Position ist und daher ein Interesse der Rechtspflege besteht, dass ein und dasselbe Gericht mit allen Streitfragen in Zusammenhang mit einem Vertrag befasst wird.

Gemäß Artikel 16 Abs. 1 der Brüssel 1 Verordnung, welche das Europäische Gerichts- und Vollstreckungsübereinkommen ersetzt hat, sind nun grenz-überschreitende Gewinnzusagen aus dem europäischen Raum vor österreichischen Gerichten einklagbar.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Konsument wirtschaftliche Aufwendungen gehabt hat im Zuge der Gewinnanforderung, etwa durch eine Warenbestellung. Dasselbe wird wohl auch gelten, wenn der Konsument einen Organisationsbeitrag oder eine gebührenpflichtige Mehrwertnummer benutzt hat, um den Gewinn anzufordern. <--


Anwaltliches Zurückbehaltungsrecht und Pfandrecht
Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwalts

Das anwaltliche Zurückbehaltungsrecht und Pfandrecht besteht nur an Bargeld, das Dritte für den Mandanten erlegt haben, nicht auch an Geldern, die der Mandant selbst seinem Rechtsanwalt übergeben hat.
Die Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwaltes unterliegt neben den ihm durch §19 RAO eingeräumten Rechten den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts. §1440 Satz2 ABGB steht der Aufrechnung seiner Honorarforderung mit einem Treuhanderlag entgegen. <--

OGH vom 18.4.2002, 6 Ob 16/02z

 

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